das gesamte meinungsspektrum lu-wahlen.ch - Die Internet-Plattform für Wahlen und Abstimmungen im Kanton Luzern

Spenden für Verein lu-wahlen.ch

Diese Website gefällt mir! Um weitere Beiträge darauf zu ermöglichen, unterstütze ich lu-wahlen.ch gerne mit einem Betrag ab CHF 10.-

 

 

Kolumne von Felicitas Zopfi

01.05.2015

1. Maifeier in Luzern: Soziale Gerechtigkeit ist ein Grundpfeiler unserer Gesellschaft

An der traditionellen Kundgebung zum Tag der Arbeit auf dem Luzerner Kapellplatz hat soeben SP-Regierungsratskandidatin Felicitas Zopfi gesprochen. Hier ist das Manuskript ihrer Rede zu lesen.


Liebe Kolleginnen und Kollegen

Wir alle streben in unserem Leben nach Gerechtigkeit. Fast alle wollen Gerechtigkeit verwirklichen und Ungerechtigkeit beseitigen. Man findet auf jeden Fall niemanden, der öffentlich zugeben würde, dass er das nicht will. Wir alle wollen in einer Gesellschaft leben, die gerecht ist. Ein ungerechter Staat ist kein legitimer Staat und eine ungerechte Gesellschaft keine gute Gesellschaft. Sind etwa der an Stammtischen immer wieder anzutreffende allgemeine Frust und die tiefen Wahlbeteiligungen Indikatoren für eine subjektiv als ungerecht wahrgenommene Gesellschaft?

Die Forderung nach Gerechtigkeit ist völlig unbestritten. Die Einigkeit hört aber dann schon bei der Frage auf, was gerecht ist?

Ich gebe euch ein Beispiel:

Von Januar bis März veröffentlichen Unternehmen ihre Jahresergebnisse. Unter dem Titel «Satte Gewinne für Schweizer Firmen» berichtete das Schweizer Fernsehen darüber. Die börsenkotierten Firmen der Schweiz haben im vergangenen Jahr einen Gewinn von rund 70 Milliarden Franken erwirtschaftet. Eigentlich eine erfreuliche Nachricht. Die Gewinne sollen dem Wohle der Aktionäre und der Angestellten dienen, hiess es im Bericht. Aber ist dem auch so?

Etwa die Hälfte dieser 70 Milliarden Franken geht in Form von Dividenden an die Aktionäre. Die zweite Hälfte geht also logischerweise an ... – nein: eben nicht an die Angestellten. Das Geld bleibt sogenannt «im Unternehmen». Die Aktionäre können also eindeutig von den saftigen Gewinnen profitieren. 

Und die Arbeitnehmenden? Die Gewinne sollten doch auch ihrem Wohl dienen? Im erwähnten Bericht des Schweizer Fernsehens hiess es, dass die Arbeitnehmenden eine Prämie bekommen und dass sie, weil es den Unternehmungen so gut geht, von sicheren Arbeitsplätzen profitieren können.

Die Unternehmungen finden das gerecht. Sie sorgen ja für sichere Arbeitsplätze, wobei das «sicher» – wie die Erfahrung zeigt – natürlich relativ ist.

Wir sind uns einig: das ist nicht richtig, das ist nicht gerecht! Das Beispiel zeigt auch mit aller Deutlichkeit auf, wie wichtig die Gewerkschaften sind, die sich für eine gerechte Verteilung der Unternehmensgewinne  einsetzen. Die Schweiz ist so reich wie noch nie. Wir könnten es uns leisten, dass es allen Rentnerinnen und Rentner, allen Arbeiterinnen und Angestellten und allen Unternehmerinnen und Unternehmern gut geht. 

Das Geld dazu wäre vorhanden. Die Realität sieht aber anders aus. Die Gegensätze werden immer grösser. Einkommen und Vermögen sind extrem ungleich verteilt. Die Schere öffnet sich immer weiter. Der Lohndruck steigt und damit auch die Belastung am Arbeitsplatz. Das bereitet vielen Menschen Sorgen. Auch viele Menschen, denen es wirtschaftlich gut geht, betrachten diese Entwicklung mit grosser Sorge. Denn es ist letztlich eine Gefahr für unsere Demokratie, wenn die Kapitalgewinne grösser werden als das Wirtschaftswachstum!

Es ist ein Gebot der Stunde, dass wir dagegen antreten und für unsere Rechte einstehen. In einer gerechteren Welt, in einer Welt in der der soziale Ausgleich gelebt wird, wird das Leben für alle besser. Diese Tatsache ist inzwischen mehrfach wissenschaftlich bewiesen!

Wir alle brauchen mehr soziale Gerechtigkeit. Soziale Gerechtigkeit meint Löhne und Renten, von denen man leben kann, überhaupt gute Arbeitsbedingungen, sichere Arbeitsplätze und Lohngleichheit zwischen Mann und Frau. Das ist möglich in der Schweiz. Es ist eine Frage des Willens, des Anstandes und der Wertschätzung. Es ist eine Frage der gerechteren Verteilung. Nicht alle wollen eine gerechtere Verteilung, ein paar Wenige wollen sehr viel mehr haben als andere. 

Wir hätten es in der Hand, dies zu ändern. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer machen die Mehrheit der Bevölkerung aus. Denn grosse Vermögen sind in den allermeisten Fällen nicht aus produktiver Arbeit entstanden, sondern aus Kapitalgewinnen. Das heisst: wer hat, dem wird noch mehr gegeben. Und all dies noch steuerfrei, denn Kapitalgewinne werden in der Schweiz im Gegensatz zur Arbeit nicht besteuert. Auch das ist ungerecht!

Ohne die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wären überhaupt keine Gewinne möglich. Ohne die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer würde nichts produziert, nichts verkauft, es würden kein Zug und kein Bus fahren und es würde kein Haus gebaut. Umgekehrt braucht es selbstverständlich auch die Arbeitgeber. Es braucht Menschen, die die Arbeiten organisieren, es braucht Leute, die bereit sind, Geld zu investieren und das finanzielle Risiko auf sich zu nehmen. Es braucht Unternehmer und Führungskräfte. Arbeitnehmende und Arbeitgeber sind aufeinander angewiesen. Der eine kann ohne den anderen keinen Franken verdienen.

Deshalb müssen Gewinne und Boni gerechter verteilt werden und Lohnerhöhungen allen zugutekommen.

Der Kanton Luzern hat sich mit der Senkung der Unternehmenssteuern an die schweizweite Spitze gewagt. Aber trotz des Spitzenranges scheint es nicht zu gelingen, das Zentrum für Unternehmen zu werden. Der  Kanton Luzern hat aber ein deutliches Zeichen gesetzt für die Unternehmen. Man will die Firmen hier behalten und noch viel mehr, dass sich neue Unternehmen hier ansiedeln. Es ist im Interesse des Kantons Luzern, dass auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dieser Unternehmen sich hier ansiedeln und hier ihre Steuern bezahlen.

Die Unternehmen haben ein gutes Umfeld im Kanton Luzern. Und die Arbeitnehmenden? Neben den Unternehmen brauchen auch die Arbeitnehmenden und die Gewerkschaften ein gutes Umfeld. Einer Familie machen die steigenden Krankenkassenprämien, die Schulgelder für ihre Kinder oder die Gebühren für die Musikschule zunehmend zu schaffen.

Auch das gehört zur sozialen Gerechtigkeit: Der Staat muss genügend Geld einnehmen, damit die staatliche Infrastruktur und die Leistungen der öffentlichen Hand wie gute Bildung für alle, ausreichende Sicherheit und ein ausgebauter öffentlicher Verkehr bezahlbar bleiben und nicht abgebaut werden müssen. Soziale Gerechtigkeit heisst, dass sich alle solidarisch an diesen Kosten beteiligen, auch die Unternehmen mit ihren Gewinnen.

Die Unternehmen stehen für den Kanton Luzern im Zentrum der Politik. Sie sind wichtig, ohne Frage. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind es aber genauso. Ohne diese Menschen, ohne euch, wäre unser Wohlstand nicht möglich. Die Mitarbeitenden und mit ihnen die Gewerkschaften haben es mehr als verdient, ebenfalls im Zentrum der Politik zu stehen. Die Bedürfnisse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind genauso wichtig, wie diejenigen der Unternehmerinnen und Unternehmer. Es braucht beide. Erst wenn den Gewerkschaften der Platz eingeräumt wird, der ihnen zu steht, wenn sie auch im Zentrum stehen, kann von einer echten Sozialpartnerschaft gesprochen werden. 

Soziale Gerechtigkeit heisst auch, dass man Sozialpartnerschaft anerkennt, dass man sie lebt, dass man einander zuhört, mit offenen Karten spielt und gemeinsam nach Lösungen sucht. Ich wiederhole mich: die Arbeitnehmenden sind die Mehrheit der Bevölkerung. Ohne die Arbeitnehmenden geht gar nichts. Die Unternehmen sind auf ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angewiesen. 

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen: gemeinsam sind wir stark! Wenn wir zusammenstehen, werden wir auch gehört. Gemeinsam können wir noch Vieles erreichen.

Treten wir gemeinsam an für mehr soziale Gerechtigkeit!

SP-Kantonsrätin Felicitas Zopfi, Regierungsratskandidatin, Vorstandsmitglied der Gewerkschaft vpod, Luzern


Teilen & empfehlen:
Share    
Kommentare:

Keine Einträge

Kommentar verfassen:

Ins Gästebuch eintragen
CAPTCHA-Bild zum Spam-Schutz  

Über Felicitas Zopfi:

Felicitas Zopfi (1958*/SP/Luzern) ist am 10. April 2011 als Kantonsrätin wiedergewählt worden. 

www.felicitas-zopfi.ch