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Kolumne von Florian Ulrich

23.03.2019

«In der Sozialpolitik gilt: Hart aber fair»

Seit Florian Ulrich im Gemeinderat von Udligenswil als Sozialvorsteher amtet, haben sich seine Sicht und sein Sinn auf und für gesellschaftliche Probleme geschärft. Er sagt: «Sozialstaat und Liberalismus - das ist kein Gegensatz.» Jetzt will er FDP-Kantonsrat werden. Zum dritten Mal. Es könnte reichen.


So wirbt Florian Ulrich für seine Kandidatur als Kantonsrat.

Sozialstaat und Liberalismus sind für den Udligenswiler FDP-Gemeinderat keine Gegensätze.

Als Politik- und Kommunikations-Wissenschafter lehrt er in Kursen, wie in Krisensituationen kommuniziert werden soll.

Major Florian Ulrich ist Kommunikationschef der Territorialregion 2.

Als Gemeinderat musste Ulrich auch schon als Fasnachtssujet herhalten.

Dieses Velo erhielt «Uedlige» für Flüchtlinge geschenkt, für die Florian Ulrich ebenfalls zuständig ist.

28. Juni 2018 in der Festhalle Sempach. Rolf Born (links), Jim Wolanin (rechts) und Fabian Peter (links von ihm) stellen sich den FDP-Delegierten als Nachfolger von Regierungsrat Robert Küng vor. Nominiert wird Fabian Peter. Florian Ulrich moderierte die Präsentation.

Herbert Fischer: Wie sind sie politisiert worden?

Florian Ulrich: Ich komme aus einer apolitischen Familie, da war also nichts in der Muttermilch. Meine Politisierung erfolgt ursprünglich bereits im Gymnasium Immensee, wo ich schon als 13-jähriger begann, mit anderen Schülerinnen gerne und viel zu diskutieren – über alles und jedes. Dieses Gymnasium ist bekannt für seine Kultur und den offenen Geist, den es hat und fördert. Die Schule führte schon damals kontradiktorische Podiumsdiskussionen zu aktuellen und grundsätzlichen Themen durch.

Das hat mich inspiriert und geprägt. Als ich mich in Udligenswil als 20-Jähriger umsah und bei der FDP «schnupperte», hat sie mich gleich in den Parteivorstand gewählt. So also begann das.

Sie haben – 2011 und 2015 - bereits zweimal als Kantonsrat kandidiert, sind aber nicht gewählt worden. Nun erfolgt der dritte Versuch. Sie geben also nicht auf?

Florian Ulrich: Nein, ich gebe nicht auf. Ich habe sehr schöne Erfahrungen gemacht in den Wahlkämpfen 2011 und 2015, erlebte ich interessante und nette Begegnungen, sowohl mit Bürgerinnen und Bürgern wie auch mit anderen Kandidatinnen und Kandidaten. Ich erreichte 2011 übrigens auf der Liste Luzern Land der FDP.Die Liberalen den 12. Platz. Und 2015 den 8. von 18 Plätzen und damit den zweiten Ersatzplatz. Ich war also 2015 im Vergleich zu 2011 bekannter und «wählbarer». Jetzt hoffe ich doch, «dass es reicht».

Und warum geben sie nicht auf?

Florian Ulrich: Weil ich mich gerne für die Gesellschaft engagiere. Ich will meine Erfahrungen als Politikwissenschafter und als Vereinsmensch, der viele Leute kennt, in den Kantonsrat und damit auch in die FDP-Fraktion einbringen.

Inzwischen sind sie in «Uedlige» Gemeinderat und Sozialvorsteher, und zwar seit 2016. Hat sich ihre Optik auf die politischen Themen seither verändert, also im Unterschied zur Zeit, bevor sie Gemeinderat waren?

Florian Ulrich: Ja, ganz klar. Vor allem mit Blick auf soziale Fragen. Die Probleme vieler dieser Menschen sind nämlich «versteckt», sind den allermeisten Leuten in der breiten Bevölkerung gar nicht so bekannt und bewusst, wie sie in Wirklichkeit sind. Sie «offenbaren» sich in den eigenen vier Wänden der Betroffenen. Es sind meist finanzielle, psychische, soziale oder sonstige Probleme.

Vielfach ist es so, dass Leute erst dann, wenn sie mit der eigenen Situation nicht mehr ein und aus wissen, externe Hilfe suchen, also zur Gemeinde kommen.

Das heisst, dass «Sozialstaat und Liberalismus» kein Gegensatz ist, gerade für sie als Liberaler.

Florian Ulrich: Nein, das ist kein Gegensatz. Es gibt nun einfach einmal ein paar Aufgaben, die wir als Gemeinschaft lösen müssen. Dazu gehört die Hilfe für sozial Schwache. Wenn das nach unserem FDP-Leitmotto «Hart, aber fair» gelebt wird, heisst dies konkret: Härte gegenüber Jenen, die den Staat auszunützen versuchen und Fairness gegenüber Jenen, die wirklich seine Hilfe brauchen. Um Erstere zu erkennen, braucht es im Verdachtsfall auch Sozialdetektive.

Die FDP, immerhin Erfinderin der Schweizerischen Eidgenossenschaft à la 1848, erfand in den Siebziger Jahren ausgerechnet «Mehr Freiheit, weniger Staat». Dieses flotte Motto flackert noch heute aus Ihren Kreisen ab und zu auf. Was sagen sie dazu?

Florian Ulrich: Auch ich sage: Der Einzelne soll möglichst viele Freiheiten haben und der Staat soll und darf nur dort eingreifen, wo er wirklich nötig ist, weil der Markt Dieses oder Jenes nicht mehr selber regeln kann. Das heisst, doch: Der Markt kann zwar alles regeln, er ist letztlich allerdings nicht immer fair.

Und auch ungerecht?

Florian Ulrich: Genau darum muss in gewissen Bereichen die Macht der Starken – sagen wir es so – etwas gebrochen werden, damit man eben die erforderliche Fairness wieder herstellt.  

Dann sind sie also ein klassischer Sozialliberaler?

Florian Ulrich: Nein, als das würde ich mich nicht bezeichnen. Aber ich finde, eine Gesellschaft zeichnet sich dadurch aus, wie sie mit den sozial Schwachen umgeht. Und das hängt auch von starken KMU ab: wenn es ihnen gut geht, geht es auch den Arbeitnehmern und ihren Familien gut.

Jetzt spreche ich den Politikwissenschafter Florian Ulrich an: Die FDP ist momentan gut aufgestellt im Kanton Luzern, hat mit Fabian Peter offenbar einen zugkräftigen Regierungskandidaten, der reihum gut ankommt. Auch die Grosswetterlage – vor allem angesichts kantonaler Wahlresultate seit den Eidgenössischen Wahlen 2015 – erscheint vielversprechend. Ihre entsprechend selbstbewusste Kantonalpartei will am 31. März vier Sitzgewinne erreichen. Ein sportliches Ziel, wenn man bedenkt, dass der Kanton mit seinen 120 Sitzen in sechs Wahlkreise gegliedert ist !

Florian Ulrich: Wir wollen im Wahlkreis Luzern Land, der 30 Sitze hat, für die FDP.Die Liberalen einen Sitz gewinnen. Wir haben jetzt sechs.

Ein Problem solcher Zielsetzungen liegt jeweils auch darin, dass man nachher daran gemessen wird, was man erreicht hat und vor allem, was nicht.  

Florian Ulrich: Das stimmt. Aber wir haben als FDP 2015 den siebten Sitz ganz knapp verpasst. Wir treten – zweitens – mit einer starken Liste und mehr Kandidaten an (siehe unter «Links»). Drittens sind das alles sehr engagierte Leute, nicht einfach «Listenfüller»; sie wollen wirklich alle gewählt werden wollen. Das spüre ich immer wieder an unseren Standaktionen, an den Podien und anderen Anlässen, auch in den vielen persönlichen Begegnungen. Das macht eine gute Stimmung untereinander, die ihrerseits auch wieder Schubkraft schafft.

Wir Kandidierenden der FDP-Liste Luzern Land haben auch eine gute Kultur, was nicht selbstverständlich ist. Denn einerseits sind wir ja Konkurrenten und andererseits sind wir auch Parteikolleginnen und -kollegen.

Auch ein anderes Beispiel macht deutlich, welch gute Ausgangslage wir haben. Wir hatten bei den Regierungsratswahlen parteiintern drei Kandidaten für die Nomination der Nachfolge von Regierungsrat Robert Küng. Nämlich Rolf Born (Emmen), Jim Wolanin (Neuenkirch) und eben Fabian Peter (Inwil). Wir hätten – selbstverständlich – in der parteiinternen Ausmarchung gern auch Frauen gehabt. Aber es war leider keine einzige Frau dafür zu gewinnen.

Seit diese Ausmachung vorbei und Fabian Peter nominiert ist, verhalten sich die beiden Unterlegenen, also Rolf Born und Jim Wolanin, ihm gegenüber ausgesprochen fair und kollegial. Das führt dazu, dass sie alle am gleichen Strick ziehen, was nicht selbstverständlich ist. Und auch die FDP-Frauen unterstützen Fabian Peter.

Auch sie können sich also vorstellen, dass Fabian Peter bereits am 31. März gewählt wird.

Florian Ulrich: Ein Sonntagsspaziergang ist das definitiv nicht, aber es ist nicht ausgeschlossen.

Zur Ausgangslage mit Blick auf diese kantonalen Wahlen gehört auch die Frage, wie denn die FDP gesamtschweizerisch aufgestellt ist. Inzwischen ist die Klima-Debatte auch bei ihr angekommen und es scheint sich die Einsicht durchzusetzen, dass die Partei mit Blick auf die Eidgenössischen Wahlen vom 20. Oktober klimapolitisch ein anderes Profil zeigen muss, um nicht abgestraft zu werden. Es ist dafür allerdings etwas spät.

Florian Ulrich: Als Politikwissenschafter sage ich: Sie kann diesen Kurs noch korrigieren. Aber wir sind tatsächlich sehr spät dran. Zu bedenken ist auch, dass die Grünliberale Partei vor allem entstanden ist, weil sie bei der FDP zahlreiche Wählerinnen und Wähler abwerben konnte, weil sie die Umweltfragen aus ihrer Sicht zuwenig ernst genommen hatte.

Es ist eine gute Idee von Parteipräsidentin Petra Gössi, die FDP-Basis zur Klima-Debatte zu befragen. Das ist auch eine grosse Chance, sich ökologisch besser zu positionieren.

Nun könnte diese Umfrage unter den 120 000 Parteimitgliedern allerdings ergeben, dass die Basis viel grüner denkt – und vor allem: grüner ist – als die Rennleitung der FDP und ihre Bundeshausfraktion; was wohl leicht möglich ist. Das würde unweigerlich zum bitteren Befund führen, dass Fraktion und Rennleitung an der Basis vorbei politisiert haben – ein Horroszenario!

Florian Ulrich: Die Umfrage könnte tatsächlich diese Diskrepanz offenbaren. Dann wird sich zeigen, wie stark unsere Parteileitung ist. Entweder wird sie dann Massnahmen treffen, um fortan so zu politisieren, dass das auch von der Basis mitgetragen wird. Oder aber sie wird Umfrageergebnisse ignorieren, was entsprechende Konsequenzen hätte.

Zum Beispiel?

Florian Ulrich: Dass sich Mitglieder und Wähler verabschieden.

Laut ihrer Website sind sie in der Krisenkommunikation tätig. Was ist das genau?

Florian Ulrich: Ich habe meinen Bachelor als Politikwissenschafter gemacht. Nachher habe ich ein Nachdiplom in Krisenkommunikation abgeschlossen und Vorlesungen im Master der Kommunikationswissenschaften besucht. Krisenkommunikation zeigt auf, wie man kommunizieren kann und soll, wenn man in einer Krise steckt.

Von einer Krise reden wir, wenn eine ausserordentliche Situation entsteht. Meist ist dies der Fall, wenn die Organisation (Behörden, Personen, Firmen, Institutionen), die es betrifft, sich selber in diese Lage begeben hat; zum Beispiel durch Fehlentscheide. Oder wegen Entwicklungen, die sie nicht vorausgesehen und nicht korrigiert hat. Krisenkommunikation kommt aber auch bei Unglücksfalle oder Grossereignissen wie Erdbeben zum Zug.Ich gebe Kurse, wie man sich in solchen Situationen verhalten soll: In der Armee, bei der Polizei, den Feuerwehren, bei Zivilschutzorganisationen, Gemeinden, Regierungen und Firmen. Im Krisenfall müssen in einer ersten Phase jeweils die erforderlichen Informationen beschafft werden, um sie in einer zweiten Phase zu kommunizieren.

Was könnte im Wahljahr 2019 noch passieren, dass die FDP Luzern ihrer Dienste bedarf?

Florian Ulrich: Ich bin selbstverständlich zuversichtlich, dass die FDP keine Krisenkommunikation braucht. Aber ein Risiko besteht darin, dass die Vorschusslorbeeren und positiven Spekulationen über den Wahlausgang der FDP am 31. März 2019 dazu führen könnten, dass man sich da und dort zurücklehnt. Umfragen, die Sitzgewinne voraussagen, sind Gift für Wahlkämpfer einer Partei und ebenso für die Schlussmobilisierung. Zudem können politische Gegner dadurch aufgeschreckt und angestachelt werden, Vollgas zu geben. Aber erst am Wahltag ist wirklich Zahltag. 

Interview: Herbert Fischer 


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Über Florian Ulrich:

Florian Ulrich (1983), ist seit 2016 Gemeinderat in Udligenswil. Er kandidiert am 31. März 2019 als Kantonsrat.

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