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Kolumne von Mario Stübi

04.08.2015

«Diskriminierung von Autofahrern»: Will die SVP etwa so Luzerns Verkehrsprobleme lösen?

Die SVP-Initiative «Für einen flüssigen Verkehr» gehört in den verkehrspolitischen «Güsel». Was uns diese Autopartei als lösungsorientierte Massnahmen verkauft, würde zum Gegenteil führen: zu noch mehr Stau.


In wenigen Monaten stimmt das Stadtluzerner Stimmvolk über die SVP-Initiative «Für einen flüssigen Verkehr» ab (siehe unter «Links») ab, welche mit der innerstädtischen Verkehrsüberlastung eine der Hauptsorgen der Bevölkerung aufgreift. Formell geht es um Änderungen im «Reglement für eine nachhaltige städtische Mobilität» (ebenfalls unter «Links»).

Die traditionell autofreundliche Partei verspricht mit dem Titel des Anliegens durchaus wünschenswerte Veränderungen. Dumm nur, dass ein Volks-Ja genau zum Gegenteil führen würde.

Bereits hat die SVP ihre Argumente für die Initiative veröffentlicht. Nehmen wir sie unter die Lupe.

Die SVP schreibt: «Stopp Diskriminierung von Autofahrern» / «Durch das Reglement für eine nachhaltige städtische Mobilität [...] werden die Automobilisten massiv behindert».

Unter dem Aspekt der Gleichbehandlung aller Mobilitätsmöglichkeiten suggeriert die Volkspartei, die Bevorzugung von ÖV, Velos und Fussgängern sei ein Missstand. Das ist falsch. In dieser Stadt verkehren jeden Tag zu viele Autos. Es sind darum in erster Linie die Automobilisten selber, die sich behindern.

Darunter leidet nicht nur die Pünktlichkeit der Busse, sondern auch das Gewerbe. Abgesehen davon ist das erwähnte Reglement vor fünf Jahren mit 63 Prozent Ja-Stimmen vom Volk angenommen worden. Die von der SVP kritisierte Verkehrsplanung ist somit politisch gewollt und erst noch breit abgestützt. 

Die SVP schreibt: «Weiterhin soll der Anteil des öffentlichen Verkehrs und des Langsamverkehrs erhöht werden, allerdings nicht mehr zu Lasten des motorisierten Individualverkehrs (MIV). Ein Wachstum des Verkehrs soll künftig möglich sein.»

Hier liegt der Kern des SVP-Widerspruchs: Die Autolobby ist der Ansicht, dass die Lösung für Verkehrsüberlastung noch mehr Verkehr ist. Wie kann man 2015 zu so einer Schlussfolgerung gelangen? Wachstum kann gesteuert werden, auch beim Verkehr.

Warum soll dabei in Denkmuster der 60er und 70er Jahren zurückgefallen werden, wo der Sprit günstig war und ein eigener Chlapf Selbstverwirklichung bedeutete? Wenn der Verkehr wachsen soll, dann mit Verkehrsmitteln, die flächeneffizienter, umweltfreundlicher und gesundheitsfördernder sind. Das alles sind Autos nicht.

Die SVP schreibt: «Visionäre Projekte» wie das Parkhaus Musegg würden gemäss dem aktuellen Reglement verunmöglicht, gleichzeitig «soll eine ausreichende Anzahl Parkplätze geschaffen werden, um [...] den Verkehr [...] noch vor der Innenstadt abzufangen».

Wissen sie, wie hoch die Belegung der innerstädtischen Parkhäuser durchschnittlich ist? Vergleichbar mit SBB-Zügen ausserhalb der Pendlerzeiten – freier Parkraum a gogo also. Wer jetzt noch von mehr Parkplätzen träumt, hat nicht begriffen, dass genau diese mehr Autoverkehr generieren.

Die SVP schreibt: «Diese Initiative bietet die einmalige Chance, endlich eine Änderung der städtischen Verkehrspolitik zu erzwingen»

Änderungen sollen immer diskutiert werden können, aber dieser SVP-Vorschlag ist Blödsinn, würde das Gegenteil bewirken und die Verkehrsplanung in der Stadt Luzern um Jahre zurückwerfen. 

Es sei hier klipp und klar festgehalten: Ja, es ist richtig, ÖV, Velo- und Fussverkehr zu bevorzugen, wie es im aktuellen Reglement für eine nachhaltige städtische Mobilität steht. Es ist richtig und nötig, weil bei Besitzern von flächenintensiven Autos in und um Luzern ein Umdenken stattfinden soll. Persönliche Freiheiten werden dadurch keine eingeschränkt. Weiterhin steht es allen frei, mit ihrem Auto so lange im Stau zu stehen, wie sie wollen.

In einer Stadt, welche in der Kernzone keinen Spielraum mehr hat für die Erweiterung von Verkehrskapazität, ist die Bevorzugung flächeneffizienter, gesundheitsfördernder und umweltfreundlicher Verkehrsmittel legitim – und mit dem vom Stimmvolk genehmigten Reglement für eine nachhaltige städtische Mobilität sogar demokratisch legitimiert. Lassen wir dieses Reglement also, wie es ist, und schicken diese kontraproduktive Initiative bachab.

Mario Stübi, SP-Grossstadtrat, Luzern 


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Über Mario Stübi:

 

Mario Stübi (*1984) ist freischaffender Redaktor. Er hat Kulturwissenschaften an der Universität Luzern studiert und vertritt die SP im Grossen Stadtrat von Luzern. Mario Stübi engagiert sich aktiv im kulturellen Leben Luzerns, unter anderem im Vorstand der SRG Luzern und der IG Kultur Luzern.

http://www.mariostuebi.ch/