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Kolumne von Mario Stübi15.02.2014 Wer nicht politisiert, mit dem wird politisiertKonsultierte man in den vergangenen Tagen die Medien, war überall viel vom Entsetzen über das Ja zur «Masseneinwanderungs-Initiative» zu lesen, zu hören und zu sehen. Gleichzeitig beklagten reihum Gemeindepolitikerinnen und -politiker im Kanton Luzern die Abschaffung der Liegenschaftssteuer, weil sich deswegen die finanzielle Lage der Staatskasse und der Gemeindekassen noch mehr verschärfen wird.Bei beiden Vorlagen waren auch die Regierungen - also Bundesrat und Regierungsrat - nicht der gleichen Ansicht wie die Mehrheit der Stimmenden. Warum nur ist es trotzdem soweit gekommen? Ich behaupte jetzt einfach mal: weil der grosse schweigende Teil der Bevölkerung zu faul oder zu gleichgültig - im schlimmeren Fall gar beides zusammen - war, um mit einem Gang zur Urne diese beiden Abstimmungsresultate zu verhindern. Ein guter Freund von mir stimmt so gut wie nie ab. Ich erinnere ihn immer, wie wichtig dies doch wäre. Er aber «argumentiert», er stimme schon ab, allerdings nur, wenn ihn eine politische Angelegenheit unmittelbar betreffe. Was kümmert ihn also beispielsweise irgend eine AHV-Revision, wenn er noch Jahre von seiner Pensionierung entfernt ist? Ich kann ihm diese Argumentation nicht mal übel nehmen. Im Gegenteil, er hat sogar irgendwie recht. Er arbeitet in einer sicheren Branche, hat ein solides Einkommen, eine schöne Wohnung, muss nicht pendeln und ist von den angeblichen Folgen der angeblichen Masseneinwanderung keineswegs betroffen. Die Grenze der Schweiz und die EU sind für ihn «so weit weg», da kann es ihm tatsächlich ziemlich egal sein, welche Apfelbaum-Kampagne am Sonntag Siegerin war. Man kann ihm einzig vorwerfen, es fehle ihm an politischer Weitsicht. Und zwar, weil heute an der Urne Entscheide gefällt werden, die morgen für ihn und uns alle Folgen haben werden. Denn diese Folgen, gerade bei den beiden erwähnten Vorlagen, waren für einmal absehbar und allseits bekannt. In den vergangenen Monaten kann selbst dem flüchtigsten «Blick am Abend»-Leser nicht entgangen sein, dass die Personenfreizügigkeit integraler Bestandteil der bilateralen Verträge mit der EU ist dass nun der Bundesrat bücklings nach Brüssel reisen muss, um dort zu verhandeln. Dasselbe im Kanton Luzern. Hier hat die Regierung noch vor wenigen Wochen wegen des Spardrucks über Zwangsferien an den Mittelschulen fantasiert. Unter dem öffentlichen Druck, der auch aus dem bürgerlichen Lager kam, buchstabierte er zurück. Jetzt aber, da dem Kanton wegen der Abschaffung der Liegenschaftssteuer fortan jährlich 18 Millionen Franken fehlen - vom Ausbleiben der Nationalbank-Millionen ganz zu schweigen - sind noch ganz andere Sparmassnahmen zu befürchten; Massnahmen notabene, die auch jenen wehtun werden, die nicht abgestimmt haben. Warum aber sind solche Volksentscheide zustandegekommen? Zunächst einmal zeigt das äusserst knappe Resultat bei der «Masseneinwanderungs-Initiative», dass es geradesogut in die andere Richtung hätte knapp ausfallen können; dass die Initiative also mit 50,36 Prozent Nein-Stimmen abgelehnt worden wäre. Das macht deutlich, wie wichtig jede, wirklich jede Stimme ist. Eine lebendige, eine wirkliche Demokratie also lebt von der Partizipation ihrer Bürgerinnen und Bürger. Offenbar geht es vielen von uns aber zu gut, um einzusehen, wie elementar möglichst breit abgestützte politische Entscheide für die Qualität eines direktdemokratischen Systems wie das unsrige sind. Böse gefragt: Geht es tatsächlich so vielen noch «zu gut», dass ihnen gleichgültig ist, was andere an der Urne entscheiden? Zugegeben: Die Diskussion darüber ist weiss Gott nicht neu. Aber es ist höchste Zeit, sie wieder anzustossen; sich nicht zu schade zu sein, im eigenen Umfeld Wahl- und Abstimmungs-Verweigerer in die Pflicht zu nehmen. Oder sie - zum Beispiel - zu fragen, was sie denn damals selber gestimmt haben, als jenes Resultat entstand, das ihnen nun hinterher nicht passt. Lässt viele von uns der Wohlstand träge werden? Die erneute Diskussion darüber ist unvermeidlich. Ebenfalls nicht neu, aber immer wieder richtig ist halt einfach der Spruch: «Wer nicht politisiert, mit dem wird politisiert». Mario Stübi, Luzern --- Teilen & empfehlen:Kommentare:
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Pirmin Meier aus Rickenbach
Sonntag, 16.02.2014, 14:22 ·
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Über Mario Stübi:
Mario Stübi (*1984) ist freischaffender Redaktor. Er hat Kulturwissenschaften an der Universität Luzern studiert und vertritt die SP im Grossen Stadtrat von Luzern. Mario Stübi engagiert sich aktiv im kulturellen Leben Luzerns, unter anderem im Vorstand der SRG Luzern und der IG Kultur Luzern. |