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Kolumne von Stefan Roth

25.05.2016

«Stärke zeigt sich auch daran, wie man mit Niederlagen umgehen kann»

Stadtpräsident Stefan Roth über seine Niederlage vom 1. Mai und seine Chancen am 5. Juni.


Herbert Fischer: Stefan Roth, was ist am 1. Mai genau geschehen?

Stefan Roth: Zunächst einmal hat die Stadtluzerner Bevölkerung zwei Bisherige und einen neuen Stadtrat gewählt. Zwei Sitze sind nun noch offen. Und das Stadtpräsidium ist ebenfalls noch nicht besetzt.

Sie sind – wie auch Baudirektorin Manuela Jost – mit dem Bisherigen-Bonus angetreten und doch nicht gewählt worden im ersten Wahlgang. Warum?

Zum ersten Wahlgang sind elf Kandidatinnen und Kandidaten angetreten. Viele Kandidaturen machen es schwieriger, das absolute Mehr zu erreichen. Zudem: Im ersten Wahlgang hat die SVP meine Kandidatur nicht unterstützt. Angesichts dieser Ausgangslage musste ich mit einem knappen Resultat und der Möglichkeit eines zweiten Wahlgangs rechnen.

Dennoch: Woran lag es, dass sie als Bisheriger nicht durchmarschiert sind, wie Martin Merki (FDP) und Adrian Borgula (Grüne)?

Neben der Wahlarithmetik kann ich nur mutmassen. Ich stelle fest und bin selbstkritisch genug: wenn ich ein Ziel nicht auf Anhieb erreiche, hinterfrage ich mich zunächst selber. Brachte ich meine Botschaften zu wenig klar rüber? Zudem bin ich mir bewusst, dass meine öffentliche Reaktion auf die Annahme der Initiative zur Begrenzung der Stadtratslöhne viele Leute irritiert hat. Ich war damals enttäuscht, das hat man mir angesehen. Mein damaliger Auftritt war keine Meisterleistung. Ich hätte souveräner damit umgehen müssen.

Ihre Reaktion damals mag ja verständlich, wenn auch politisch ungeschickt gewesen sein. Aber das reicht doch nicht aus, dass die LuzernerInnen einen Politiker daran «aufzuhängen». Dafür sind sie zu tolerant. 

Aber immerhin ist das im Vorfeld des ersten Wahlgangs da und dort thematisiert und vor allem kritisiert worden. 

Nun war das ja tatsächlich nur ein Punkt, der seit dem 1.Mai als einer mehrerer möglicher Gründe für Ihre Nichtwahl herumgereicht wird. Zu hören war auch, «der Stapi» fahre täglich mit seinem Mercedes von Littau in die Stadt und zurück, obschon sich vor seinem Haus eine Bushaltestelle befinde. Das sei nicht vorbildlich. 

Wenn ich in der Stadt unterwegs bin, dann zu Fuss oder mit dem Bus. Ausserhalb Luzerns bin ich ausschliesslich mit dem Zug unterwegs. Ich schätze es, über Mittag zuhause zu sein. Wenn ich von morgens früh bis abends spät Politiker bin, ist dies für mich eine kurze Zeit des Herunterfahrens, des Abschaltens und des Entspannens. Ich bin zeitlich flexibler, vor allem am Mittag, der mir zuhause wichtig ist.

Kritisiert wurde auch ihre Doppelfunktion als Stapi und als Finanzdirektor. An einem Podium der «NLZ» haben Sie am Montagabend (23. Mai) erklärt, diese Doppelfunktion werde mit der Neuorganisation der Direktionen in der Stadtverwaltung im Jahre 2018 nicht mehr möglich sein. War diese gestrige Ankündigung der Versuch eines Befreiungsschlags?

Nein. Der Stadtrat hat bei seiner Konstituierung im Jahr 2012 festgestellt, dass wir mitten im Prozess einer Steuererhöhung und in einem Sparprogramm stecken. Wir sagten damals: Unter diesen Voraussetzungen ist es zu diesem Zeitpunkt nicht sinnvoll, wenn die Finanzdirektion eine neue Leitung erhält. Die Kombination von Stadtpräsidium und Finanzdirektion ist nicht immer eine ideale, stelle ich fest! Darum hat der Stadtrat bereits im Sommer 2015, als er die Reorganisation der Stadtverwaltung anstiess, den Auftrag erteilt, eine Neuorganisation der städtischen Direktionen zu prüfen. Ich befürworte dies.

Sie sind bei den Kantonsratswahlen am 29. März 2015 als CVP-Kantonsrat nur knapp wiedergewählt worden. Sie haben nur elf Stimmen mehr gemacht, als der politische Quereinsteiger Ferdinand Zehner, der den ersten Ersatzplatz belegte und inzwischen nachgerutscht ist. War das damals so etwas wie ein Alarmzeichen bezüglich Ihrer Popularität?

Die Wahlen zum Kantonsrat einerseits sowie andererseits jene für den Stadtrat und das Stadtpräsidium sind nicht vergleichbar. Selbstkritisch stelle ich fest, dass ich für den Kantonsrat zu wenig Wahlkampf gemacht habe. Zudem war diese Wahl kurz nach der Annahme der Initiative über die Stadtratslöhne. Meine ungeschickte Reaktion damals scheint sich hier negativ ausgewirkt zu haben, weil sie eben auch noch sehr präsent war. 

Warum haben Sie am 1. Mai auch im Ortsteil Littau, wo sie her kommen, schlecht abgeschnitten?

In den Urnenkreisen Littau und Reussbühl habe ich gute Ergebnisse gemacht. Ich habe zwei Drittel aller Stimmen erreicht. Aber die Wahlbeteiligung war wesentlicher tiefer als vor vier Jahren. 

Sie haben eine neue Kampagne. Berücksichtigt sie auch dieses Manko?

Ja. Es engagieren sich Leute speziell dafür. Sie schreiben die Mitglieder einzelner Organisationen und Institutionen an, um diese Bürgerinnen und Bürger auf den zweiten Wahlgang aufmerksam zu machen.  

Sie treten zum zweiten Wahlgang mit einer ganz anderen Kampagne an. Warum?

Weil die Ausgangslage eine andere ist. Ich werde nun nicht mehr allein von der CVP und der FDP sondern auch von der SVP unterstützt, wobei der SVP-Kandidat auch von meiner Partei unterstützt wird. Dies gilt es entsprechend zu kommunizieren.

Haben Sie mit der neuen Kampagne auch inhaltlich Ihre Schwerpunkte verschoben?

Nein, ich stehe wie bisher ein für eine starke Wirtschaft mit attraktiven Arbeitsplätzen für unsere Bevölkerung. Diese soll von der hohen Lebensqualität in Luzern profitieren, das beinhaltet auch den nötigen Wohnraum für alle Einkommensklassen. Bürgerliche Politik ist auch soziale Politik. Die Lebensqualität ist Teil der Luzerner Ausstrahlung. Dass wir davon auch touristisch weiter Nutzen ziehen können, dafür setze ich mich ein: Für die «Stadt mit Herz», wie sie in der Schweiz wahrgenommen wird; für die Stadt, wo man alle positiven Eigenschaften der Schweiz auf engstem Raum erleben kann. Und schliesslich will ich den Finanzhaushalt im Gleichgewicht behalten. 

Verständliches Ziel der Zusammenarbeit der CVP mit FDP und SVP ist eine bürgerliche Mehrheit. Aber dass sie nun gemeinsam mit Peter With von der SVP antreten, könnte sie bei FDP- und CVP-WählerInnen auch Stimmen kosten.

Es ist so: Wenn man den Leuten erklären kann, warum die CVP nun diesen Weg eingeschlagen hat, stösst dies meist auf Verständnis. Die angestrebte bürgerliche Mehrheit im Stadtrat ist auch wichtig angesichts der Tatsache, dass die Linke im Grossen Stadtrat gestärkt worden ist. 

Diese Zusammenarbeit der CVP mit der SVP erstaunt unter anderem deshalb, weil es die SVP und speziell Peter With waren, welche die CVP immer wieder massiv attackiert und ihr – sinngemäss – immer wieder vorgeworfen haben, sie paktiere in manchen Sachfragen im Parlament mit der SP und den Grünen. Zudem hat Herr With über sie 2012 Ungeheuerlichkeiten verbreitet. Es hiess auf einer Website, die unter seinem Namen registriert war, ihr Lebenslauf enthalte Lücken, welche «zu Besorgnis Anlass geben». Das ist ziemlich dicke Post. Ausgerechnet mit diesem feinen Herrn With wollen sie nun im Stadtrat zusammenarbeiten? 

Die Geschichte mit besagter Website ist schon viele Jahre her und für mich abgeschlossen. Sie ist für mich keinen Kommentar mehr wert. Es geht nun um die Zukunft. Wenn man in der Politik nachtragend ist, ist das nicht gut. Dann macht man nicht lange Politik.

Beat Züsli von der SP hat als Stapi am 1. Mai 200 Stimmen mehr erreicht als sie. Sind sie deswegen erschrocken?

Beat Züsli hat einen sehr guten Wahlkampf gemacht. Die Verbindung der SP mit den Grünen und ihren Jungparteien hat hervorragend funktioniert. Dies zeigt sich auch an den ebenfalls sehr guten Resultaten der Kandidaten der JUSO und der Jungen Grünen. Ihnen allen ist es gelungen, ihre Wähler sehr gut zu mobilisieren. Meiner Partei ist das im ersten Wahlgang eindeutig nicht gelungen. Dass die SP nun bei dieser Ausgangslage wieder mit Beat Züsli für das Stadtpräsidium antritt, ist  nachvollziehbar.

Nehmen wir an, sie würden am 5. Juni als Stadtrat wiedergewählt, aber als Stadtpräsident nicht mehr – was dann?

Die Frage stellt sich für mich aktuell nicht. Ich bin motiviert, ich bin engagiert, ich möchte  wieder Stadtrat und Stadtpräsident werden. Ich bin optimistisch. Die Ausgangslage vor dem zweiten Wahlgang ist eine neue.

Die Frage stellt sich vielleicht Ihnen nicht, aber ich stelle sie nochmals!

Der Fokus liegt nun auf dem zweiten Wahlgang vom 5. Juni und meine Partei und ich tun alles, um dieses Ziel – zusammen mit der FDP und der SVP – zu erreichen. Ich habe viele Reaktionen erhalten, die mich motivieren. 

Haben sie eigentlich trotz Ihrer Resultate am 1. Mai seither auch Erfreuliches erlebt?

Wer nicht verlieren kann, ist in der Politik am falschen Ort. Politik ist nicht immer «eitel Sonnenschein». Stärke zeigt sich auch daran, wie man mit Niederlagen umgehen kann, dass man dann erhobenen Hauptes unterwegs ist und sich den Diskussionen stellt. Doch zu ihrer Frage: Ja, ich habe viele Begegnungen und sonst auch Reaktionen erlebt, die mich aufstellen. Ich bin übrigens ein Kämpfer.

Interview: Herbert Fischer, Redaktor lu-wahlen.ch und Mitunterzeichner des Wahlaufrufs für Stefan Roth als Stadtrat und Stadtpräsident, Luzern


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Über Stefan Roth:

Stefan Roth (CVP) ist seit anfangs 2010 Finanzdirektor und seit Sommer 2012 zugleich Stadtpräsident von Luzern.