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Kolumne von Pirmin Meier

20.03.2014

Der russische Dichter Leo Tolstoi erholte sich in Luzern von seinem Krim-Abenteuer

Zu den historischen Dimensionen der zurzeit ablaufenden Krim-Krise und ihren Bezügen zu Luzern.


Zita Affentranger, langjährige Russland-Korrespondentin des «Tages-Anzeiger», gebürtig aus Eppenwil, einem Dorfteil des luzerner-hinterländischen Grossdietwil, gehört zu den profiliertesten Russland-Spezialistinnen mit Schweizer Hintergrund. Sie war auch eine meiner besten Schülerinnen an der 1229 gegründeten Traditionsschule Beromünster, deren Existenz mangels Übersicht über das Wichtige bei der Bildung in regelmässigem Rhythmus in Frage gestellt wird. 

Zur Vorstellung der russischen Ausgabe meiner Biographie über Paracelsus (2002) beim Moskauer Verlag Aletheia bekam ich übrigens damals keinen Urlaub. Wo käme unser Bildungswesen hin, wenn Schweizer Lehrkräfte unter Vernachlässigung einer ihrer Kernaufgaben, der neu entdeckten Qualitätskontrolle, ständig  Bücher im Ausland vorstellen würden? Da so etwas im Gegensatz zu Programmen wie «Erasmus» nichts gekostet hätte, konnte es auch keine nachhaltige Bedeutung für ein in Russland immer vorhandenes Interesse an der Schweiz und am schweizerischen Geistesleben gewinnen.

Zita Affentrangers beherzt und nicht im Verlautbarungsstil geschriebene Berichte aus Moskau und ihr Putin-kritischer Kommentar vom 17. März im «Tages-Anzeiger» (siehe weiter unten auf dieser Seite unter «Dateien») gaben und geben jeweils ein ungeschminktes Bild des autoritären Systems Putin mit Hintergründen, die aus einem soliden Netzwerk stammten. Dass sich Zita Affentranger indes schon seit Jahren als Kritikerin der derzeitigen russischen Demokratur profiliert hat, bedeutet, die Problematik der Krim eher aus oppositioneller denn aus geopolitischer Sicht zu sehen, beziehungsweise aus einer langfristigen historischen Perspektive.

Ein fragwürdiges «Referendum» 

Eines freilich bleibt absolut unzweifelhaft: Direkte Demokratie lässt sich kaum exportieren. Das Abstimmungsresultat aus der Ukraine bewegt sich wohl bloss deswegen im Bereich von 95,5 Prozent, weil 99 Prozent oder gar 99,99 Prozent wie in Nordkorea allzu «sowjetisch» ausgesehen hätten. Mit Demokratie nach schweizerischem Muster hat ein solches «Referendum» nichts zu tun. Da können wir, angesichts des eindeutigen Ständemehrs, die 50,3 Prozent der Abstimmung betreffend die Selbstbestimmung in Sachen Einwanderung als ein imponierendes und auf ganz andere Weise zu anerkennendes Resultat betrachten. 50,3 Prozent sind eindeutiger demokratisch als 95 oder gar 99 Prozent.

Der postsowjetische Zwang zum Konsens ist nicht nur autoritär, er ist letztlich totalitär. Insofern wäre an Zita Affentrangers Kommentar überhaupt nichts auszusetzen, wäre es zum Beispiel nicht so, dass selbst Michail Gorbatschow, der noch und noch zu einer friedlichen Lösung mahnte, die Zugehörigkeit der Krim zu Russland nicht in Frage zu stellen scheint. 

Und ich selber als leidenschaftlicher Tolstoi-Leser tue dies meinerseits nicht. Ich bin mir gewohnt, politische Entwicklungen stärker aus der Sicht der Jahrhunderte als aus der Sicht der Tagespolitik zu sehen. Deswegen habe ich trotz meiner ursprünglichen Kritik an einer Initiative, die uns  vor Ecopop «retten» könnte, wenn sie denn angewandt wird, keine Mühe mit dem Entschluss von Volk und Ständen, die Einwanderung selbständig regeln zu wollen. So wie die Krim bei Russland bleiben wird - nicht nur, weil Tolstoi schon 1855 dafür gekämpft hat - so wird die Schweiz möglicherweise noch im 22. Jahrhundert als unabhängiges Land die Einwanderung  selbständig regeln. Ob die Europäische Union auf eine so lange Laufzeit kommt wie die Sowjetunion, ist bis auf weiteres nicht sicher.

Erinnerung an Stalins Tod und an Tolstoi

Dabei kann uns aus Schweizer Sicht das Schicksal der Ukraine nicht gleichgültig sein. Es hat nämlich seit dem frühen 19. Jahrhundert, wie auch aus dem Badischen und Württembergischen, eine beeindruckende Auswanderung dorthin gegeben. Was allerdings die Europäische Union, die USA und die NATO dort zu suchen haben, ist nicht nur für meinen geschätzten, politisch lebenslänglich leidenschaftlich engagierten linken Kollegen, alt Grossrat und Autor Dr. Peter O. Beutler, nicht zwingend. Für mich selber ist übrigens die Nachricht vom Tode Stalins im März 1953 die absolut früheste politische Erinnerung, was eine Gemeinsamkeit mit meinem wohl bestgeschätzten Philosophielehrer-Kollegen und alt SP-Nationalrat Dr. Hans Widmer darstellt. Insofern ich einer anderen Generation angehöre als meine Schülerin Zita Affentranger, kann ich auch aus diesem Grunde nicht alles gleich sehen wie sie. 

Ich erlaube mir im Folgenden, einerseits etwas die Perspektive Tolstois und andererseits die historische Perspektive der Schweizer aus dem 19. Jahrhundert einzunehmen.  

Das Luzerner Tagblatt, die liberale Vorläuferin der Neuen Luzerner Zeitung, begrüsste am 8. Juli 1857 unter den prominenten Gästen des Hotels Schweizerhof auch einen gewissen Grafen Tolstoi. Dieser hatte sich als russischer Major  weniger als zwei Jahre zuvor auf der Krim als Verteidiger von Sewastopol hervorgetan. In alten Tagen bedeutete ihm dies im Rückblick auf sein Leben mehr als der Nobelpreis für Literatur, den er 1901 als Ersterwählter genau so resolut und «unbestechlich» ablehnte wie später Jean-Paul Sartre.

Lev NikolajewitschTolstois erstes berühmtes Werk, noch vor seiner «Luzern»-Novelle entstanden, trug den Titel «Sewastopoler Erzählungen». Eine Textsammlung, die zugleich ein Stück Militärgeschichte und grosse Literatur darstellt, gleichsam einen Prolog zum späteren Hauptwerk «Krieg und Frieden». Eine Pflichtlektüre für Politiker und Publizisten, die sich eine nicht bloss vom Tageswind bestimmte Meinung für die Bedeutung der Krim in der Geschichte Russlands bilden wollen?

Aussagekräftiger als ein Sowjet-Protokoll

Tolstois Erzählungen bleiben aussagekräftiger als das Protokoll des Obersten Sowjet vom 19. Februar 1954, als zum 300. Jahrestag des Vertrags von Perejaslaw (1654) in einem diskursfreien Beschlussakt die Krim der Ukraine angegliedert wurde, unter anderem auch eine lokalpatriotische Belohnung für den neuen Sowjet-Diktator Nikita Chruschtschow, einen Ukrainer. Die damaligen politischen Entscheidungen, legitimiert auf der Basis der Allmacht der Partei, fielen eh fast ausnahmslos in Moskau. Was heute als völkerrechtlicher Befund bezeichnet wird, bedeutete 1954 zwar nicht staatsrechtlich, aber faktisch nicht mehr als, wenn man im Einheitsstaat Frankreich zur Zeit Napoleons oder de Gaulles eine Departementsgrenze arrondiert hätte. 

Schon zur Zeit des Krimkrieges (1854/55) bemühten sich England, Frankreich und das Osmanische Reich, die Machtausdehnung Russlands in Richtung Mittelmeerraum einzugrenzen. Die Kontrolle über das Mittelmeer bedeutete seit dem Römischen Reich und den Kreuzzügen eine Basis für Weltherrschaft. Wenn es dem russischen Bären darum ging, hier mitzuspielen, verhielt sich das Imperium spätestens seit der Zeit Peters des Grossen unzimperlich. Nach der Ära Napoleons und erst recht nach der Ära Hitlers und angesichts des Kalten Krieges konnte man stets auch legitime Verteidigungsinteressen mit ins Feld führen.

Kontrolle über das Schwarze Meer

Zur Zeit des Kalten Krieges spielte bei Professoren alter Schule die russische Geschichte eine respektierte Rolle. Nicht nur an den Hochschulen, auch an den Gymnasien, sogar in Sekundar- und Bezirksschulen, wo häufig Offiziere unterrichteten. «Welches war das das strategische Ziel Russlands unter Katharina der Grossen?» lautete eine Prüfungsfrage. Eine Antwort, in Richtung genügender Note: «Kontrolle über das Schwarze Meer als eisfreier Zugang zu den Weltmeeren und Beteiligung an politischer Kontrolle über das Mittelmeer.» 

Auch der Panslawismus, die machtvolle «Göttirolle» Russlands über alle slawischen Völker, musste an der Geschichtsprüfung sitzen. Zum Beispiel bei Pater Dr. Rupert Amschwand (1916-1997), Geschichtslehrer am Benediktiner-Kolllegium Sarnen und späterer Innerschweizer Kulturpreisträger mit den Hauptforschungsgebieten Bruder Klaus und Kloster Muri. 

Lokal, national und global instruktiver Geschichtsunterricht kann heute, zum Teil wegen der Unübersichtlichkeit und gesellschaftsemanzipatorischer Befrachtung der Bildungskonzepte, nicht mehr als Priorität des höheren Unterrichtes bezeichnet werden. Für künftige Politikerinnen und Politiker wäre aber vielleicht ein Blick auf die Geopolitik im Zusammenhang mit den strategischen Interessen der Grossmächte nicht abwegig. Sogar Russland würde es verdienen, ähnlich wie die dort offiziell nicht beliebten Homosexuellen, vorurteilsfrei betrachtet zu werden.

Die Perspektive des Kalten Krieges

Dies fiel einer vom Kalten Krieg geprägten Generation nicht leicht. Im November 1956 wurde ich, wie ebenfalls mein verstorbener prominenter Autorenkollege Niklaus Meienberg, durch die brutale Niederschlagung des Ungarn-Aufstandes in zartem Alter nachhaltig politisiert. Dass damals bei den Magyaren, wie heute in der Ukraine, neben Freiheitskämpfern auch Rechtsextreme und Faschisten mit von der Partie waren, vernahm ich erst nachträglich durch die Begegnung mit einem ungarischen Schriftsteller. Meienberg, der sich im Gegensatz zu mir später links orientierte, hat sich dank dem tief gehenden Ungarnerlebnis nie sowjetfreundlich oder linkstotalitär geäussert. Ein vorbildlicher kritischer Demokrat. Auch die Niederwalzung des Prager Frühlings im August 1968 war für gut republikanische Schweizer, ob links oder rechts, ein Trauma und überhaupt nicht zu vergessen.

Der früher trendige Antikommunismus kann eine vernünftige Analyse der politischen Realitäten so wenig ersetzen wie ein gegenwärtiger meist pseudomutiger Antifaschismus. Letzterer dient übrigens Putin heute für seine plumpesten Propagandamanövern. Das für die Werbung seiner «Volksbefragung» verwendete Hakenkreuz war natürlich jenseits von Gut und Böse.

Welche Art von Analytikern heute fehlen

In der Schweiz vor 50 Jahren politische Analytiker wie Jean-Rodolphe von Salis (1901-1996), Walther Hofer (1920-2013) und Walther Bringolf (1895-1981), letzterer ein ehemaliger Kommunist, aber mit einmalig nüchternem und unbestechlichem Weltüberblick. Weder der einst gefährliche Ostblock noch das rassistische Südafrika vermochten den Schaffhauser Fast-Aussenminister Bringolf in Hysterie zu versetzen. Sogar bei Israel sah er zwei Seiten, was früher wie bei Russland und China nicht der Normalfall der Einschätzung war. 

Es scheint in Zeiten sich anbahnender weltpolitischer Krisen geraten, ein Verhältnis wie das der Schweiz zu Russland und umgekehrt aus den langfristigen gegenseitigen Beziehungen zu betrachten. Was vor Wochenfrist im «Spiegel» stand, etwa mit dem Titel «Brandstifter» für Putin hat vielleicht für die Domestizierung der deutschen Öffentlichkeit Unterhaltungswert. Diese muss auf der Linie der NATO und der Europäischen Union gehalten werden. Hingegen wäre für den Präsidenten der OECD, Bundespräsident Didier Burkhalter, eine solche Ausdrucksweise weniger zu empfehlen.

Schweizerisch-russische Reminiszenzen

Eindrucksvoll bleiben aus schweizerischer Sicht Fakten aus dem 19. Jahrhundert, die nie ganz vergessen gehen sollten. Erstens mal die Besiedlung der Ukraine, zumal der Krim durch schweizerische Auswanderer aus dem frühen 19. Jahrhundert. Es waren zumal fromme Protestanten aus dem Säuliamt, nicht zuletzt Verlierer des Volksaufstandes von 1803 (Denkmal beim Bahnhof Affoltern am Albis), welche ihr Glück damals auf der Halbinsel am Schwarzen Meer suchten. Das Dorf Zürichtal, heute Solote Pole im Südosten der Krim, wurde von  228 Siedlern begründet, ab 1820 mit einer Kirche versehen, wovon heute das Schiff noch erhalten ist. Im Gegensatz zur Schweiz gab es zur stalinistischen Zeit noch kein verfassungsmässiges Minarett- oder Kirchturmverbot. Dafür einen unangefochtenen Sprengbefehl, weswegen der Kirchturm von Zürichtal seit rund 80 Jahren nicht mehr vorhanden ist. 

Die Bevölkerung des Schweizerdorfs, das auch wegen seiner Dialektentwicklung nie vergessen werden sollte, wurde 1941 auf Stalins Befehl deportiert. Bei Umvolkungen durch den ehemaligen «Kommissar für Nationalitätenfragen» (Stalin) wurde nicht lange zwischen Schwaben und Schweizern, oft miteinander verschwägert, unterschieden. 

Seit 2005 gibt es im ehemaligen Zürichtal ein Museum. Im frühen 19. Jahrhundert existierte dort auch so etwas wie ein teilweise demokratisches Gemeindeleben. Vielleicht auch deshalb hörte man neuestens auf der Krim, dass die Abstimmung über ihre Zugehörigkeit zu Russland angeblich «nach schweizerischem Vorbild» erfolgte. Im Vordergrund des Vergleichs  stand wohl die von der Internetplattform «Stimme Russlands» im Gegensatz zur EU-Lesart wohlwollend kommentierte Masseneinwanderungsinitiative.

Gegen prorussisches Schwärmen für die Schweiz ist ein bedeutender Einwand zu erheben: In der Schweiz gibt es keine Abstimmung, die ein kantonales oder eidgenössisches Parlament innerhalb von zehn Tagen aus dem Nichts, ohne entsprechende gesetzliche Grundlage, ansetzen könnte. Die Volksrechte sind streng verfassungsmässig und gesetzlich geregelt, nicht zu vergessen die berüchtigten Vernehmlassungsverfahren. Demokratische Entscheidungen müssen so lange erdauert werden, dass, nach Hugo Loetscher, «wenn Gott Schweizer wäre», der Herr die Welt noch gar nicht erschaffen hätte, da die Folgen unabsehbar wären und man unbedingt noch zuwarten müsse. 

Aus diesem Grunde hat auch die vom Echo her epochale Abstimmung über die Zuwanderungsinitiative vom 9. Februar 2014, wohl nicht zufällig bis auf weiteres keine konkreten Folgen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die aus der Verfassung schwerlich mehr eliminierbare eigenständige Steuerung der Einwanderung ab der nächsten oder übernächsten Generation möglicherweise greift.

Bei den schweizerisch-russischen Beziehungen wird mit Recht darauf hingewiesen, dass die Neutralität derzeit wieder an Bedeutung gewinnt. Dieselbe Neutralität, an der Russland schon 1815 beim Wiener Kongress, zur Zeit der Weltkriege und im Kalten Krieg interessiert war. Die Neubetonung der bewaffneten Neutralität könnte als Nebenfolge, weil dazu auch die Verantwortung für den Luftraum gehört, sogar der Abstimmung über den «Gripen“» zugutekommen, wiewohl man dieses Projekt nicht zur Schicksalsabstimmung machen sollte.  Zudem lenkt «Bösewicht Putin» in der EU vorläufig davon ab, beim Wort Sanktionen zuerst an die Schweiz zu denken. Der Nutzen und die Notwendigkeit der Schweiz wird in mehr kritischen Situationen eher transparent. 

Weder Russland-Bashing noch Putin-Propaganda

In diesem Sinn hat die Krise in der Ukraine auch bei Schweizer Linken einen Denkprozess ausgelöst. Eher als ein Parteipräsident kann es sich ein Alt-Politiker leisten, laut zu denken. So der langjährige Luzerner profilierte SP-Grossrat und Krimi-Autor Peter Beutler in einem Kommentar auf infosperber.ch:

«Ich denke, bei der Linken in unserem Land wird man darüber nachdenken müssen, was in der Ukraine eben geschieht. Wenn die EU wirklich so weit geht, sich hier einseitig in wirtschaftliche Abenteuer, die dann unversehens auch militärische Konsequenzen haben könnten, zu stürzen, gibt es nur eine Antwort: Ein EU-Beitritt kommt auch für Rotgrün nicht mehr in Frage. Den neuen Machthabern in Kiew bis zu 35 Mia. zu versprechen ist allein schon vor dem Hintergrund der EU-Krisenländer Griechenland, Portugal und Spanien schlicht Wahnsinn. Und das auch noch zu einem Zeitpunkt, in der die Regierung in Kiew das Russische, die zweitgrößte Landessprache, quasi für illegal erklärt. Dazu geistert in vielen Hinterköpfen von EU-Politikern eine europäische Staatengemeinschaft mit einer bis die Zähne bewaffneten Einsatztruppe.»

Eine dritte denkwürdige Begebenheit der schweizerisch-russischen Beziehungen im 19. Jahrhundert  betrifft die grösste Hungersnot der letzten 250 Jahre, nämlich diejenige von 1816/17. Nie vorher und nie nachher in unserer Geschichte wurde «für hungernde Bergkinder in der Schweiz» im Ausland gesammelt. Der bedeutendste Gönner war Schweiz-Freund Zar Alexander I. Die Korn-Lieferungen für  Hungernde aus dem Kanton Glarus und dem Toggenburg stammten aus der Ukraine. 

Russland-Bashing im Rahmen einer nicht weiter reflektierten Solidarität mit dem «Westen», beziehungsweise dem angeblichen Friedens-Projekt der Europäischen Union  muss nicht durch Nachbeten von Putin-Propaganda ersetzt werden. 

Auch Tolstoi war von der Schweiz nicht nur begeistert. In Luzern war Russlands grösster Dichter zutiefst darüber enttäuscht, dass ein wenig gepflegt gekleideter Aargauer Bänkelsänger, den Tolstoi in den «Schweizerhof» zu einem Glas Champagner einladen wollte, aus sozialen Gründen vom Oberkellner nicht bedient wurde. So etwas hätte der Verteidiger der Krim im Lande Rousseaus nicht für möglich gehalten.  

Pirmin Meier, Rickenbach 


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Über Pirmin Meier:

Dr. phil. Pirmin Meier (1947), aufgewachsen in Würenlingen AG und wohnhaft in Aesch, langjähriger Gymnasiallehrer in Beromünster, war zunächst als Journalist und Herausgeber von Büchern (unter anderem bei Suhrkamp-Insel) tätig, später mehrere Jahrzehnte als Gymnasiallehrer (Beromünster) und Lehrerfortbildner. 

Seine Biographien über Paracelsus (6. Auflage im Jahr 2013), Bruder Klaus (3. Auflage in Vorbereitung) sowie Heinrich Federer und Micheli du Crest gelten als epochal und wurden unter anderem mit dem Innerschweizer und dem Aargauer Literaturpreis ausgezeichnet. Zu den Themen, die mit der Innerschweiz zu tun haben, gehören bei Pirmin Meier das Buch «Landschaft der Pilger», unter anderem mit der Beschreibung der Schattigen Fasnacht in Erstfeld und einer ersten Studie über den heiligen Gotthard. Ausserdem setzte er sich mit der Biographie von Pater Alberich Zwyssig – von ihm stammt der Text des «Schweizerpsalms», der Schweizer Nationalhymne – auseinander, eingegangen in das Buch über Wettingen «Eduard Spörri, ein alter Meister aus dem Aargau».  

Stark beachtet, mit rund drei Dutzend öffentlicher Lesungen seit dem Erscheinen, etwa in Altdorf und im Bahnhofbuffet Göschenen, wurde die mit grossem Aufwand betriebene Neufassung des berühmten Jugendbuches «Der Schmied von Göschenen», welche Neubearbeitung erstmals die Bedeutung der Walser für die ältere Schweizer Geschichte unterstreicht.  

Pirmin Meier gehörte auch zu den geistigen Promotoren des Films «Arme Seelen» von Edwin Beeler, zu welchem Thema er sich im Sommer 2012 in einer ganzstündigen Sendung «Sternstunde Religion» auf SRF ausgelassen hat. Er lebt in Rickenbach bei Beromünster, arbeitet derzeit an einem Grossprojekt über Schweizer Mystik und schrieb auch den Text für das Oratorium Vesper von Heiligkreuz mit Musik von Carl Rütti.

Am 7. September 2013 hielt Dr. Pirmin Meier auf der Rigi die Jubiläumsansprache zum Jubiläum 70 Jahre Innerschweizer Schriftstellerinnen- und Schriftstellerverein ISSV. Für sein Buch «St. Gotthard und der Schmied von Göschenen» machte er bedeutende, für die Geschichte der alten Wege einmalige Recherchen über die alten Wege vor 1231, auch zusammen mit dem Historiker Dr. Hans Stadler-Planzer.

In beratender Funktion ist Pirmin Meier tätig für das Filmprojekt «Paracelsus - Ein Landschaftsessay» des in Root (LU) wirkenden Filmunternehmers und Regisseurs Erich Langjahr, wie Pirmin Meier Innerschweizer Kulturpreisträger.

Mehr über Pirmin Meier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Pirmin_Meier

Pirmin Meier erhält Innerschweizer Kulturpreis 2008:
https://kultur.lu.ch/-/media/Kultur/Dokumente/preise_auszeichnungen/meier2008.pdf