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Kolumne von Pirmin Meier

29.03.2013

Das vieldiskutierte Gedicht von Pirmin Meier aus «Gsottniger Werwolf» im Wortlaut

Was steht genau im Gedicht, dessen Inhalt der Luzerner Historiker, Journalist, Rechtsextremismus-Experte und grüne Kantonsrat Hans Stutz dem Historiker und Schriftsteller Pirmin Meier vorwirft?


Hans Stutz hatte auf einen Beitrag reagiert, den Pirmin Meier als Reaktion auf das «Schneewittchen-Gedicht» von Oskar Freysinger auf lu-wahlen.ch geschrieben hatte. 

Daraus ergab sich ein Schlagabtausch (siehe dazu den Beitrag von Stutz über den Text von Meier über das Oskar Freysinger-Gedicht im Kommentarfeld), als dessen jüngste Reaktion nun Pirmin Meier den ganzen Wortlaut des von Stutz reklamierten Meier-Gedichts über Arno Breker und einen Kommentar dazu vorlegt (weiter unten auf dieser Seite unter «In Verbindung stehende Artikel»: «Politik, Lyrik und die Gefahr verbaler Entgleisungen».

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Ulrike Meyfarth Modell bei Arno Breker*

Eduard Spörri in Verehrung gewidmet

 

Dies Bild sah man schon tausend Jahre nicht mehr

Olympische Riesin in Pracht voller Nacktheit

Vor Adolfs Giganten-Gestalter

 

greisem Jahrhundertmeister der deutschen Plastik

Anblick von Kraft und Freude

Ich sag’s ohne dreckigen Unterton

 

Nur weht über die Szene nicht weg zu fegen

Gespenster-Schauer Geschichte

Ulrike ist’s dir noch geheuer zumute?

 

Wärst doch besser ins Aar-Gäu zum Spörri gekommen!

Was Arno gelernt hat kann Eduard auch

aber heiterer sind seine Bilder

 

haben in mehr als 60 Jahren

den Schmutz und die Schuld nicht kennengelernt

der Aargauer Meister trotzt der Geschichte

 

in Modellpausen wär dir Gelegenheit geboten

kräftige Ulrike mich (einzig zugelassnen Reporter)

durch Spörris Bilderbuchgarten zu tragen.

 

*Arno Breker, Hitlers erster Bildhauer, modellierte 1983 die ehemalige Hochsprungolympiasiegerin Ulrike Meyfarth. Über den Aargauer Steinmetz Eduard Spörri (1901 – 1994) publizierte P. Meier 2001 eine volkskundlich-kulturhistorische Biographie.

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Anmerkung des Autors: Eine Selbstinterpretation eines Gedichtes ist nicht angemessen. Die Leser verstehen es oder dann eben nicht. Sicher ist es mit den Anspielungen auf das tausendjährige Reich und Brekers Gigantismus-Verirrung wie auch mit der Gespensterschauer-Geschichte das Gegenteil von einem Text, welcher der Anbräunungsgeilheit von Hans Stutz entgegenkommt. 1973 publizierte ich einen 14-seitigen, in der gesamten Schweizerpresse beachteten Essay mit vernichtender und doch differenzierender Kritik an Schwarzenbach, der zwar als Historiker aus der Vasella-Schule, Publizist und Verfasser von circa 20 Büchern durchaus seine Qualitäten hatte und den ich seit meinem 17. Altersjahr kannte, ursprünglich als «Rechtsintellektuellen» bewunderte. 

Nicht beschrieben habe ich damals den Antisemitismus von Schwarzenbach, den er versteckt durchaus pflegte wie seinen grenzenlosen Opportunismus in der Frage der Aufhebung der Ausnahmeartikel betreffend Jesuiten. Eine angemessene Darstellung von Schwarzenbach, die historisch differenziert sein müsste und sein im Vergleich zu den meisten heutigen Rechtspolitikern durchaus vorhandenes geistiges Format darstellen, wurde von mir zugunsten von noch wichtigeren Projekten, eben der Geschichte der Mystik in der Schweiz und der Arbeit an geistlichen Oratorien, zurückgestellt. Vorstellen könnte ich mir eine Parallel-Biographie von James und Annemarie Schwarzenbach, die einander nicht mochten und die doch beide aus ihrem Clan ausgebrochen sind. 

Eduard Spörri: Der Aargauer Bildhauer, in seinen besten Zeiten in seiner Heimat ähnlich beliebt wie Hans Erni bei uns, schmunzelte über das obige Gedicht und bestimmte mich noch zu Lebzeiten zu seinem Biographen, gestaltete auch plastisch mein Hauptthema «Paracelsus». 

Über den Gedichtband «Gsottniger Werwolf» äusserten sich meine katholischen Freunde, auch Walter Gut, durchaus konsterniert; es war eben gerade die nicht die brave religiöse Literatur, die sie erwartet hätten. Der Ex-Priester und Autor Paul Kamer sprach von «Purzelbaumgläubigkeit». Ich habe das Projekt «Werwolf», von einzelnen bei der Leserschaft, etwa Robert Mächler, geschätzten Stücken abgesehen, im Vergleich zu meinen anderen Büchern als eher gescheitert angesehen, die Folge eines inneren Unfalls. 

Die bei Hans Stutz gegen Schluss seines letzten Beitrags zitierten Verse stammen übrigens nicht von mir, sondern vom Blasphemiker G. Das Thema Homosexualität habe ich in anderen Büchern, verbal ganz anders, behandelt, zuletzt im Vorwort zu den erotischen Memoiren des Zürcher Musikers Adriano Baumann («Kick, Verlangen, Leidenschaft», Zürich 2011). 

Schlimmer als die analytisch nicht sehr tiefgründigen Anwürfe von Stutz u. Co. war für mich die breitflächige Ablehnung meiner 400-seitigen Pädophilengeschichte über den homosexuellen Priester und Schriftsteller Heinrich Federer (1866 – 1928). Mit der aktenmässig und zugleich literarisch dargestellten Affäre eines hochbedeutenden katholischen Autors brachte ich es bis heute auf null Einladungen in katholische Bildungshäuser, obwohl der heutige Dekan der Theologischen Fakultät Luzern, Prof. Markus Ries, in der ZHB Luzern immerhin die Vernissage-Rede zum Buch gehalten hatte.  

Pirmin Meier, Rickenbach


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Über Pirmin Meier:

Dr. phil. Pirmin Meier (1947), aufgewachsen in Würenlingen AG und wohnhaft in Aesch, langjähriger Gymnasiallehrer in Beromünster, war zunächst als Journalist und Herausgeber von Büchern (unter anderem bei Suhrkamp-Insel) tätig, später mehrere Jahrzehnte als Gymnasiallehrer (Beromünster) und Lehrerfortbildner. 

Seine Biographien über Paracelsus (6. Auflage im Jahr 2013), Bruder Klaus (3. Auflage in Vorbereitung) sowie Heinrich Federer und Micheli du Crest gelten als epochal und wurden unter anderem mit dem Innerschweizer und dem Aargauer Literaturpreis ausgezeichnet. Zu den Themen, die mit der Innerschweiz zu tun haben, gehören bei Pirmin Meier das Buch «Landschaft der Pilger», unter anderem mit der Beschreibung der Schattigen Fasnacht in Erstfeld und einer ersten Studie über den heiligen Gotthard. Ausserdem setzte er sich mit der Biographie von Pater Alberich Zwyssig – von ihm stammt der Text des «Schweizerpsalms», der Schweizer Nationalhymne – auseinander, eingegangen in das Buch über Wettingen «Eduard Spörri, ein alter Meister aus dem Aargau».  

Stark beachtet, mit rund drei Dutzend öffentlicher Lesungen seit dem Erscheinen, etwa in Altdorf und im Bahnhofbuffet Göschenen, wurde die mit grossem Aufwand betriebene Neufassung des berühmten Jugendbuches «Der Schmied von Göschenen», welche Neubearbeitung erstmals die Bedeutung der Walser für die ältere Schweizer Geschichte unterstreicht.  

Pirmin Meier gehörte auch zu den geistigen Promotoren des Films «Arme Seelen» von Edwin Beeler, zu welchem Thema er sich im Sommer 2012 in einer ganzstündigen Sendung «Sternstunde Religion» auf SRF ausgelassen hat. Er lebt in Rickenbach bei Beromünster, arbeitet derzeit an einem Grossprojekt über Schweizer Mystik und schrieb auch den Text für das Oratorium Vesper von Heiligkreuz mit Musik von Carl Rütti.

Am 7. September 2013 hielt Dr. Pirmin Meier auf der Rigi die Jubiläumsansprache zum Jubiläum 70 Jahre Innerschweizer Schriftstellerinnen- und Schriftstellerverein ISSV. Für sein Buch «St. Gotthard und der Schmied von Göschenen» machte er bedeutende, für die Geschichte der alten Wege einmalige Recherchen über die alten Wege vor 1231, auch zusammen mit dem Historiker Dr. Hans Stadler-Planzer.

In beratender Funktion ist Pirmin Meier tätig für das Filmprojekt «Paracelsus - Ein Landschaftsessay» des in Root (LU) wirkenden Filmunternehmers und Regisseurs Erich Langjahr, wie Pirmin Meier Innerschweizer Kulturpreisträger.

Mehr über Pirmin Meier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Pirmin_Meier

Pirmin Meier erhält Innerschweizer Kulturpreis 2008:
https://kultur.lu.ch/-/media/Kultur/Dokumente/preise_auszeichnungen/meier2008.pdf