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Kolumne der JungsozialistInnen

19.04.2012

Gibt es noch einen Kulturkompromiss?

Der Grundlagenbericht «Kulturagenda 2020» dient zur kulturpolitischen Standortbestimmung der Stadt Luzern. Die Entwicklungen der verschiedenen kulturellen Institutionen werden dabei genau analysiert. Die Frage, die sich für uns stellt: Gibt es noch einen Kulturkompromiss?


Thomas Moser kandidiert für den Krienser Einwohnerrat. Er studiert im vierten Semester an der Uni Zürich Medizin.<br><br>Moser kritisiert, dass mit der Frigorex und weiteren Flächen im Tribschen auch Orte der Begegnung und wertvolle Kulturbetriebe verschwinden.<br><br>Bilder: Herbert Fischer

Thomas Moser kandidiert für den Krienser Einwohnerrat. Er studiert im vierten Semester an der Uni Zürich Medizin.

Moser kritisiert, dass mit der Frigorex und weiteren Flächen im Tribschen auch Orte der Begegnung und wertvolle Kulturbetriebe verschwinden.

Bilder: Herbert Fischer

Der Kulturkompromiss etablierte sich in den 80-er-Jahren. Nach den Zürcher Jugendunruhen erlangte die nicht etablierte Kultur auch in Luzern einen höheren Stellenwert. Der Kampf um die Rote Fabrik stand stellvertretend für den Kampf um die Anerkennung von sogenannter Basiskultur und der nicht etablierten Kulturszene. Auch in der Stadt Luzern konnten sich Institutionen entwickeln, wo diese andere «Art» Kultur gelebt werden konnte. Aus diesem Kontext entstand dann Ende der 80-er-Jahre die Boa.

Das Wort Kulturkompromiss impliziert, dass es eine explizite Einigung zwischen der etablierten und der alternativen Kultur gäbe. Entscheidungen über die kulturpolitische Entwicklung würden demzufolge einvernehmlich getroffen. Die Realität in Luzern sieht anders aus. 

Die in jüngster Vergangenheit exemplarisch erfolgten Angriffe auf alternative Kulturmilieus wie auf die «Industriestrasse» und den «Hammer» in Littau zeigen ein anderes Bild. Kompromisse werden gar nicht erst gesucht. Alternativkultur muss dort weichen, wo sie stört. Was übrig bleibt, hat im sogenannten Kulturkompromiss noch seine Berechtigung. Unter diesen Voraussetzungen ist dieser Begriff eine reine Heuchelei. Es ist nicht verständlich, warum er weiterhin verwendet wird.

Die Schliessung der Boa am 4. November 2007 hat eine Lücke in der Luzerner Kulturszene hinterlassen, welche bis heute nicht gefüllt werden konnte. Eine Institution mit ähnlichem Charakter ist nicht entstanden. Die Luzerner Innenstadt hat ein grossartiges Kulturhaus verloren. 

Mit der Neuüberbauung des Frigorex-Areals gehen mit dem «la fourmi», dem «Vasco da Gama» und der «Kunsthalle» weitere wertvolle Kulturbetriebe verloren. Das Tribschenquartier verliert immer mehr an kultureller Bedeutung. Als Ersatz soll da laut Stadt der «Südpol» am Stadtrand nahe Kriens dienen. Offensichtlicher könnte die Verdrängung nicht sein.

Die Stadt beschränkt sich auf die Vermarktung: Standortmarketing soll vermehrt grosse Unternehmen anlocken. Es brauche mehr Büroräume um mit dem nationalen Standortwettbewerb Schritt zu halten. Die Lebensqualität der UreinwohnerInnen ist dabei zweitrangig. Die Mieten im Zentrum steigen immer mehr an und LuzernerInnen mit normalem Einkommen können in die Agglomeration umsiedeln. Genau wie die Alternativkultur. Der Kampf um Freiräume und Boden (bezahlbare Wohnungen!) wird zum Politikum Nummer eins. Die Stadt offenbart, wo sie steht. Sie will ein zweites Zug. Die Steuerpolitik hat sie auch bereits von der kulturell unbedeutenden «Glencore-City» übernommen.

Wenn die Stadt Luzern den kulturpolitischen Dialog ernsthaft aufrechterhalten will und am Begriff Kulturkompromiss festhalten möchte, dann muss sie ein Zeichen setzen. Ein Zeichen, welches alle sehen. 

Dies darf nicht in Luzern Nord (Emmenweid) oder sonstwo in der Peripherie sein, sondern muss mitten im Zentrum passieren. Darum fordern wir von der JUSO, dass das im Bericht erwähnte experimentelle Kulturzentrum auf dem Inseli errichtet werden soll. Dieser Standort wurde auch für die Salle Modulable in Erwägung gezogen. Was für die etablierte Maschinerie möglich ist, soll auch der nicht etablierten Kultur zugestanden werden!

Thomas Moser, Vorstandsmitglied der JUSO Stadt Luzern


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Kommentare:
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Thomas Moser aus Kriens

Samstag, 21.04.2012, 16:11 · Mail

Lieber Pablo

Auch ich bin nicht der Meinung, der Kulturkompromiss sollte statisch sein. Doch die Veränderung der kulturpolitischen Ausrichtung der Stadt (wie sie im Text beschrieben ist) hat nichts mehr mit einem Kompromiss zu tun. Eine Argument für deine Aussage («.. den Kulturkompromiss zu bemühen und darauf rumzureiten, dass dieser nicht stattgefunden habe, und erzwingen wollen, dass dieser erneuert werden müsse, ist höchst kontraproduktiv und gefährlich und schlicht falsch») fehlt leider in deinem Kommentar. Sehr präzise äusserst du dich nicht.

Solche Floskeln wie «konstruktiv weiterzuentwickeln» wirken im Anbetracht der Situation in Luzern etwas illusorisch. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.

Würden die Leute aus der Industriestrasse so denken wie du, würden dort morgen schon Büroräume stehen. Aber zum Glück werden sie politisch aktiv und kämpfen für ihr Quartier.

Thomas Moser, Kriens

 

Pablo Haller aus Luzern

Freitag, 20.04.2012, 11:50 · Mail  Website

Hätte man die «Kultur-Agenda 2020» richtig gelesen, hätte man auch Fussnote 12 (S. 28) gesehen, wo über den Kulturkompromiss geschrieben wird: «Ginge man - wie gelegentlich zu vernehmen - von einem statischen Verständnis aus und würde folgern, dass alles so bleiben müsse wie Anfang der 1990er-Jahre, so hätten alle Entwicklungen, die seither auf dieser Basis entstehen konnten, nicht sein dürfen.»

Meint: Den Kulturkompromiss zu bemühen und darauf rumzureiten, dass dieser nicht stattgefunden habe, und erzwingen wollen, dass dieser erneuert werden müsse, ist höchst kontraproduktiv und gefährlich und schlicht falsch. Es wurde in den letzten Jahren finanziell weitaus mehr in die Kultur und auch in die freie Szene investiert als geplant.

Zudem: In der «Kultur-Agenda 2020» wird der Kulturkompromiss als Basis für den «Dialog und konstruktive Auseinandersetzung» zitiert. Es gilt also diesen konstruktiv weiterzuentwickeln und nicht einfach zu fordern.

Pablo Haller, Luzern

 

Savino Caruso aus Luzern

Freitag, 20.04.2012, 10:53 · Mail  Website

Um dem pointierten Text noch was anzufügen: Nach wie vor glaubt Luzern eine Kulturstadt zu sein, natürlich mit etablierter Kultur und Kunst. Doch wer ernsthaft meint, etablierte Kunst und Kultur entstehe aus dem Nichts, der täuscht sich gewaltig!

Nur dort, wo Basiskultur und Kunst viel Platz und vor allem Toleranz erhalten, ist eine blühende etablierte Kultur zu sehen.

Da brauchts keine Kompromisse mehr. Es ist Zeit, zusammen zu sitzen und zu verstehen!

Savino Caruso, Luzern

 
 
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