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Kolumne von Edwin Beeler

19.07.2011

lu-wahlen.ch eröffnet Heimat-Debatte

HEIMAT-DEBATTE (1) - Am 1. August jubiliert die Schweiz und am 23.Oktober wählt sie die Räte von Volk und Ständen. Doch: Welche Schweiz? Zeit also für eine Debatte über den polarisierenden Begriff Heimat.


Wie viel Schweiz darfs denn sein? 31 mal 31 Meter grosse Schweizerfahne an der Rigi.<br><br>Bild: Herbert Fischer

Wie viel Schweiz darfs denn sein? 31 mal 31 Meter grosse Schweizerfahne an der Rigi.

Bild: Herbert Fischer

Kaum ein anderer Begriff in der politischen Rhetorik polarisiert sosehr wie das Wort Heimat. Denn ob man will oder nicht: «Heimat» ist politisch besetzt; Heimat meint zwar – eigentlich wertfrei – die geografische Herkunft eines Menschen und damit die sozialen und kulturellen Umfelder, die ihn geprägt haben. Je nachdem aber, wer «Heimat» wann, wofür und in welchem Kontext sagt und braucht, signalisiert das Wort einen persönlichen Bezug zur ureigenen Identität; wobei eine unkritische Nähe und Identifikation ebenso zum Ausdruck kommen können wie eine ausdrückliche, vielleicht gar die eigenen Wurzeln verdrängende Distanzierung.

Hat Heimat nur, wer sich unablässig auf sie beruft, wer ihren angeblichen Geist jahrein jahraus möglichst öffentlich inhaliert? Und ihn folgerichtig auch belehrend und bekehrend ausdünstet? An Schwing- und Jodelfesten, am Feldschiessen und an der 1. August-Feier beispielsweise.

Wendet sich vom solchermassen besetzten Wort und seinen Werten bereits ab, wer seine Zweifel an der Schweiz und ihren politischen Realitäten kundtut? Wer gar anderen Gesellschaftssystemen huldigt? Doch auch das ist inzwischen bekanntlich schwierig geworden. Denn seit der Implosion der sozialistischen Arbeiter- und Bauern-Paradiese fehlt derlei Kritik das ideologische Pendant zum – eigentlich verfemten – Kapitalismus. Der liefert seinen Gegnern zwar laufend Beispiele seiner Irrungen und Wirrungen. Ein Gegenentwurf aber, der auch nur halbwegs das Potenzial für eine wirkliche Debatte über die Zukunft der Schweiz – ja, der Welt überhaupt – bietet ... Pustekuchen!

Man sieht: Wer Heimat sagt, sollte eigentlich jeweils auch gleich eröffnen, welche Heimat er damit gerade meint.

Gefragt, warum dieses Wort derart polarisiere, sagte der bekannte Professor Albert A. Stahel von der Militärakademie der ETH Zürich in einem Interview mit dem «Tagesanzeiger» vor vier Jahren: «Weil dieses Wort Reaktionen auslöst und weil es mit Begriffen verbunden wird wie Aggression, Inbesitznahme, Intoleranz, Beherrschungsansprüche.»

Womit sich die Frage stellt, ob sich überhaupt irgendwann irgendwo irgendwie irgendeine neue Heimat finden lässt, wenn die eigene, die Erst-Heimat gewissermassen, verlassen werden muss, weil dort Verfolgung und Folter, Hunger, Krankheit, Tod drohen? Hat also jeder Mensch nur eine wirkliche Heimat, seine erste?

Und: Gehören Heimat und Patriotismus eigentlich zusammen? Dazu nochmals Albert A. Stahel: «Es sind zwei Begriffe, die tatsächlich fast dasselbe aussagen. Patriotismus kommt von “la patrie, das Vaterland – also Heimat. Problematisch wird die Verwendung von “Patriotismus”, wenn er als Botschaft der Intoleranz gebraucht wird.»

lu-wahlen.ch eröffnet mit Blick auf den Nationalfeiertag und auf die Eidgenössischen Wahlen vom 23. Oktober 2011 eine Heimat-Debatte.

Dazu werden bisherige und neue KolumnistInnen, AutorInnen von Gastbeiträgen sowie Leserbrief-SchreiberInnen eingeladen, ihr Verständnis des Begriffs Heimat zu erläutern.

Die Beiträge sind als Word-Dokument zu mailen an: redaktion(a)lu-wahlen(p)ch

Herbert Fischer, Redaktor lu-wahlen.ch 


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Über Edwin Beeler:

Edwin Beeler (* 1958) schloss sein Studium in Allgemeiner Geschichte und Geschichte der Deutschen Literatur an der Universität Zürich mit dem Lizentiat ab. Seit rund 25 Jahren arbeitet er hauptsächlich als Filmemacher. 

1988 gründete er zusammen mit Marlon Heinrich und Guido Paul Denzler die Filmproduktionsfirma Calypso Film AG, welche unter anderem seine Kino-Dokumentarfilme produziert: «Arme Seelen» (2011), «Gramper und Bosse - Bahngeschichten» (2005), «Grenzgänge - Eine filmische Recherche zum Sonderbundskrieg 1847» (1998, realisiert zusammen mit Louis Naef), «Bruder Klaus» (1991), «Rothenthurm - Bei uns regiert noch das Volk» (1984). 

Die Stadt Luzern hat ihn 1992 mit einem Anerkennungspreis ausgezeichnet. Beeler arbeitet im Vorstand des Vereins Film Zentralschweiz mit. Er ist Vater von zwei Töchtern und lebt zusammen mit seiner Partnerin in Luzern.

calypsofilm.ch/Website_Calypso_26-07-2012/Index.html