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Gastbeitrag von Dave Küttel

Über den Autor:

Dave Küttel
(*1980) aus Weggis ist gelernter Schlosser und arbeitet auf seinem Beruf. Er lebte während vier Jahren in Finnland, wo er für Lohjansalibandy in der Nationalliga B Unihockey spielte. Die Redaktion von lu-wahlen.ch hat ihn eingeladen, seine WK-Eindrücke als Oberleutnant bei Swissint in Stans und seine Meinung zu den Auslandeinsätzen der Schweizer Armee in einem Gastbeitrag darzulegen.

13.10.2011

Warum mich die Auslandeinsätze der Armee überzeugen

Die Armee ist in den letzten Tagen plötzlich doch noch zu einem Wahlkampfthema geworden. Hintergrund ist der Beschluss des Nationalrates, das Armeebudget auf 5 Milliarden Franken sowie den Personalbestand auf 100 000 Leute zu erhöhen und neue Kampfjets zu beschaffen. Von der Redaktion www.lu-wahlen.ch darum gebeten, nutze ich gerne die Gelegenheit, meine Erfahrungen und Beobachtungen aus meinem letzten WK zusammenzufassen und meine Meinung zu den Auslandeinsätzen der Armee kundzutun.

Das Swisscoy-Ausbildungscamp Swissint in Stans Oberdorf.

Die Schweizer Infanteristen werden im Turnus mit anderen Nationen auf Bobeachtungsposten eingesetzt.

Bilder: Swissint/VBS

Schweizer Piranha auf Patrouille im Kosovo.

Dies in der Absicht, dass es Sinn macht, die Debatte über die Existenzberechtigung der Armee – eben: es ist ja Wahlkampf – nicht auf irgendwelche nackte Zahlen zu reduzieren, ohne dabei auch zu erläutern, was die Armee – neben vielem Anderen – so alles leistet. Ich habe also vor wenigen Wochen als Panzerjäger-Oberleutnant meinen Wiederholungskurs 2011 geleistet. Und zwar als Stellvertreter des Kommandanten des Betriebsdetachements des Swissint in Stans. Swissint ist das Ausbildungszentrum für die Auslandeinsätze der Swisscoy-Truppen im Kosovo, die Teil sind der Peace Support Missionen der Schweiz. Das Betriebsdetachement wiederum stellt und betreibt die logistische und personelle Infrastruktur, damit sich Swissint ganz auf die Ausbildung der Swisscoys konzentrieren kann. Ich war also gewissermassen ein Zaungast dieser Ausbildung, die mich aber immer mehr zu interessieren begann. Vor allem auch die Arbeit der Friedensbeobachter, die ebenfalls in Stans ausgebildet werden, hat mich neugierig gemacht.

Vorweg dies: Ich weiss inzwischen mehr über «die Auslandeinsätze» der Armee, wie dieser Teil all ihrer Aufträge – mitunter abschätzig, mitunter respektvoll – umschrieben wird. Und ich weiss vor allem, wie differenziert diese Ausbildungen erfolgen.

Denn beides – die Friedenbeobachtung in mehreren Krisengebieten der Welt ebenso wie die Swisscoy-Einsätze im Kosovo – sind Aufgaben, die alles andere sind als irgendwelche lockeren und leckeren «Auslandreisli» oder «Wiederholungskurse im Ausland», wie es da und dort ab und zu etwas verächtlich heisst.

Beide Aufgaben erfordern Köpfe und Kräfte, die zuallererst einmal solide, seriöse und belastungsfähige Persönlichkeiten sind; Persönlichkeiten zudem, die sich über eine abgeschlossene militärische Grund-, vielleicht gar Weiterausbildung ausweisen; Persönlichkeiten auch und erst recht, die bereit sind, einen guten Job im Sinne einer übergeordneten Idee gut zu machen und die nicht sich selber verwirklichen wollen. Rambos haben da genausowenig Platz wie Friedensmissionare. Denn der Einsatz vor Ort ist psychisch und physisch pickelhart und voller Gefahren; Gefahren, die in der Swissint-Ausbildung in Stans in allen denkbaren und höchst realistischen Szenarien durchgespielt werden. Ein treffendes Bild dieser Ausbildung vermittelt ein «NZZ»Bericht vom 12. Juni 2004 von Herbert Fischer (siehe auf dieser Seite unter «Dateien»). 

Warum nun aber soll sich ausgerechnet die neutrale Schweiz an solchen Operationen beteiligen?

Durch die Globalisierung ist die ganze Welt viel näher zusammengerückt. Wir sind immer mehr abhängig von den Beziehungen zur restlichen Welt und von all den politischen Entwicklungen weltweit, vor allem logischerweise von jenen in Europa. Krisensituationen in anderen Ländern haben direkte und indirekte Einflüsse auch auf unser Land, teils viel rascher, als wir uns das zuvor je zu denken gewagt hätten. Es wäre ein Einfaches, sich hinter der Neutralität der Schweiz zu verstecken, um eine aktive militärische Mitarbeit in akuten Krisengebieten zu umgehen. Ich denke aber, genau als neutrales Land habe die Schweiz vielfältige Möglichkeiten, ihre Guten Dienste einzubringen und mitzuhelfen, Konflikte zumindest zu entschärfen. Zudem werden wir an den friedensfördernden Engagements anderer neutraler Länder gemessen.

Die Dienste neutraler Länder sind zudem besonders glaubwürdig, weil sie eben keine Eigeninteressen bedienen, sondern sich im Sinne globaler, also interessenübergreifender Zielsetzungen einbringen können. 

Klar, kann nicht der einzelne Auslandeinsatz eines einzelnen Landes Konfliktgebiete befrieden. Aber er kann – stets im Verbund mit anderen Ländern – mithelfen, Konfliktgebiete zu entschärfen, politische Prozesse, welche der Befriedung dienen, zu ermöglichen und er kann nicht zuletzt dazu beitragen, dass solche Prozesse überhaupt in Gang kommen; immer im Wissen, dass sich erst im Massstab 1:1, also vor Ort im jeweiligen Konfliktgebiet, erkennen und beurteilen lässt, was diesen Zielen effektiv dienen kann.  

Ein erfahrener Friedensbeobachter, der bereits mehrere Einsätze hinter sich hatte und in Stans als Ausbildner wirkt, hat mir das so erklärt: «Egal, wie viel du vor deinem Einsatz in den Medien und in entsprechender Literatur über die jeweilige Region gelesen hast: Das richtige und wirkliche Bild bekommst Du immer erst vor Ort – und es ist immer  ein anderes.»

Genau darum ist eine so differenzierte Ausbildung, wie sie in Stans den Swisscoys und den Friedensbeobachtern vermittelt wird, so wichtig. In meinem letzten WK dort habe ich gelernt: Wenn es uns als neutrales Land gelingt, Sicherheit und Stabilität durch solche Beiträge unserer Armee in Konfliktgebieten zu vermitteln oder doch zumindest zu unterstützen, sind solche Einsätze völlig berechtigt. Und dass es uns immer wieder gelingt, haben die bisherigen Swisscoy-Detachemente im Kosovo beweisen, seit sie dort im Einsatz sind.

Mit anderen Worten: Wäre ich nicht bereits vor meinem WK 2011 in Stans ein Befürworter der Auslandeinsätze unserer Arme gewesen, so wäre ich es spätestens seither. Ich schliesse nicht aus, mich für einen solchen Einsatz zur Verfügung zu stellen.

Dave Küttel


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