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Gastbeitrag von Hanns Fuchs

Über den Autor:

Hanns Fuchs
(1943) ist Freier Journalist und aktiver Ruderer. Er schreibt seit mehr als 40 Jahren über den Rudersport und verfolgt seit Jahrzehnten politische Prozesse in der Raumplanung, der Stadtentwicklung und im Sport.

Bild: Herbert Fischer

03.03.2011

Rotsee: WM-Träume in der Winterstarre

Der Rotsee muss sich seinen Rang als begehrter Austragungsort einer Ruder-Weltmeisterschaft neu erkämpfen. Denn seine idyllische Lage und sein Ruf als «Göttersee» reichen nicht für eine erfolgversprechende WM-Kandidatur 2017. Erhebliche Investitionen in eine zeitgemässe Infrastruktur sind nötig. Das erfordert Augenmass.

Der Rotsee ist  eines der Naherholungsgebiete der Agglomeration und entsprechend populär. Eine neue Infrastruktur, wie sie für eine Ruder-WM 2017 unvermeidlich ist, erfordert darum viel Fingerspitzengefühl.<br><br>Bild: Herbert Fischer

Der Rotsee ist eines der Naherholungsgebiete der Agglomeration und entsprechend populär. Eine neue Infrastruktur, wie sie für eine Ruder-WM 2017 unvermeidlich ist, erfordert darum viel Fingerspitzengefühl.

Bild: Herbert Fischer

Rudern pur, auf dem Rotsee und anderswo...

Rudern pur, auf dem Rotsee und anderswo...

Bilder: swissrowing

Bilder: swissrowing

Still ruht der See, Kolbenenten und andere Winterwandervögel dümpeln zu Hunderten auf dem spiegelglatten Wasser, auf vereinzelten dünnen Eisflächen haben sich ein paar Herbstblätter in den Winter gerettet. Beim Zielplatz fault ein Holzbrunnen vor sich hin und der altersgraue Zielturm steht wie eh auf morschen Pfählen im Wasser. Der Rotsee, «Göttersee» der Ruderer, liegt in der gewohnten Winterstarre. Ein Frühlingsahnen ist allerdings hinter den Kulissen auszumachen: «Die Ruderer träumen von der WM 2017», titelte die «Neue Luzerner Zeitung» ihren Bericht über die erste Generalversammlung des Vereins «Naturarena Rotsee».

Im Verein Naturarena Rotsee sind Wirtschaft und Tourismus vertreten

Der Verein, im Sommer letzten Jahres gegründet, will «die Modernisierung der für den Rudersport benötigten Infrastrukturen und baulichen Einrichtungen auf ein zeitgemässes und den Nutzungsbedürfnissen angemessenes Niveau» vorantreiben. Im Verein sind als Gründungsmitglieder die Träger des Rudersports (internationaler und nationaler Ruderverband, Luzerner Rudervereine, Regattaverein Luzern), der lokalen und regionalen Wirtschaft, des Tourismus, die Behörden und der Quartierverein vertreten. Der Verein versteht sich als Träger für die Umsetzung der in der Entwicklungsstudie «Zukunft Rotsee und Rudersport» aufgezeigten Massnahmen.

Aus Sicht des Rudersports soll der Rotsee mit den in der Entwicklungsstudie aufgelisteten Massnahmen wieder zum WM-tauglichen Wettkampfwasser werden. Diesen Status hat der Kult-See der Spitzenruderer de facto vor vier Jahren verloren. Am Kongress des internationalen Ruderverbandes FISA in München vergaben die Delegierten die WM der prestigeträchtigen Olympia-Qualifikation ins slowenische Bled. Für die siegessicher angereisten Luzerner war die 21 zu 129-Niederlage eine richtige Klatsche. Der Nimbus des unvergleichlichen, unschlagbaren Regattaplatzes war zerstört. Nicht so der unheilbare Optimismus der Luzerner Regatta-Protagonisten. Mit der Entwicklungsstudie, an der sich auch Kanton und Gemeinden beteiligten, hoffte der RVL auf den Befreiungsschlag. Viel mehr als ein Fuchteln mit dem Planungspapier ist das allerdings noch nicht, wenn man sich auf die Informationen stützt, die aus dem Naturarena-Verein dringen.

Nutzungskonflikte sind noch nicht auf dem Tisch

Erstes konkretes Ergebnis: in Gesprächen mit Naturschutz konnten die Ruderer die Nutzungszeit auf dem See um zwei Wochen im Herbst ausdehnen. Die Anzahl der Wettkämpfe konnte von 13 auf 14 innerhalb von vier Jahren (pro Jahr höchstens vier) erhöht werden. Die neuen, ökologisch begründeten Nutzungsvorschriften werden in einer neuen Verordnung festgelegt – in Kraft treten kann sie frühestens im kommenden Sommer, wenn ihr die Luzerner Kantonsregierung zustimmt. Die wirklich kritischen Nutzungskonflikte am Rotsee kommen allerdings erst noch auf den Tisch: Die Gespräche mit den Anwohnern (Quartierverein) und den Fischern, die sich, wie die Ruderer, als die eigentlichen Rotsee-Besitzer sehen, stehen noch aus.

Für die Vergabe der WM 2017, von der die Luzerner träumen, wird es keine Rolle spielen, ob sich die divergierenden Interessen der Rotsee-Nutzer (Naturschützer, Ornithologen, Fischer, Anwohner, Ruderer) zu einer Kuschelrunde finden können oder nicht. Die Delegierten am Kongress des Internationalen Ruderverbandes wird im Jahr 2013 interessieren, wie die Infrastruktur am einstigen «Göttersee» dannzumal aussieht – Mythen, das hat die Niederlage von München gezeigt, interessieren den Kongress nicht. Für insgesamt 16 Millionen Schweizer Franken soll die Infrastruktur aufgepeppt werden. Eine Million davon ist für den Zielturm vorgesehen – er ist inzwischen auch zu einem Symbol für den Stillstand am Rotsee geworden. Der altersschwache, wacklige, architektonisch allerdings noch ansprechende Turm ist seit der gescheiterten Bewerbung Gegenstand von Studien, Wettbewerben und leeren Versprechungen – und steht immer noch. Letztmals hätte er im vergangenen Spätherbst abgebrochen werden sollen. Jetzt ist sein Neubau für 2012 versprochen – ohne nähere Informationen über ein allfälliges Neubauprojekt. 

16 Millionen Franken erforderlich – ohne WM-Garantie

Im Vergleich mit den übrigen Bauvorhaben ist der Zielturm allerdings ein Klacks. Das Ruderzentrum muss von Grund auf erneuert und erheblich erweitert werden, Wege sind neu anzulegen, der Zielplatz zu sanieren, die Ufer zu befestigen... wenn die Luzerner WM-Träume wahr werden sollen, gibt’s am Rotsee einige dringende Baustellen. Das Kernproblem am idyllischen und so göttlich fairen Rudersee ist allerdings auch dann nicht gelöst, wenn schlussendlich tatsächlich 16 Millionen Schweizer Franken verbaut sein sollten: Fürs aufgeblähte WM-Programm des internationalen Ruderverbandes ist die Luzerner «Naturarena» schlicht zu schlank. Und für einen internationalen Top-Event, massgeschneidert für den Rotsee, fehlen sowohl dem RVL wie auch dem Naturarena-Verein die Fantasie.


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